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Giovannini, Adalberto; Gottlieb, Gunther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 7. Abhandlung): Thukydides und die Anfaenge der athenischen Arche — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45484#0020
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18

Adalberto Giovannini - Gunther Gottlieb

Krieg gegen Persien verpflichtet. Im ersteren Falle hat Thukydides den
Leser über das Wesen des (von ihm nicht einmal erwähnten) delisch-
attischen Seebundes in die Irre geführt und ihm somit das Verständnis
der weiteren Entwicklung der Pentekontaetie vollkommen verschlossen.
Nie läßt er erkennen, daß zwischen Athen und den anderen Verbündeten
die absolute, unwiderrufliche Verbindung herrschte, die von der Formel
„denselben Freund und Feind zu haben“ vorausgesetzt wird, daß somit
die Athener durch das Bündnis berechtigt waren, die Verbündeten auch
gegen andere Hellenen aufzubieten.
Viel spricht jedoch dafür, daß Thukydides den Sachverhalt richtig
wiedergegeben hat. Die uns bekannten Bündnisse des V. und des
IV. Jhs.33, welche die Klausel „denselben Freund und Feind haben“
beinhalten, zeigen, daß solche Verträge eine schwerwiegende Einschrän-
kung der Souveränität bedeuteten und daß die hellenischen Städte eine
solche Einschränkung nicht ohne weiteres in Kauf nahmen34. In der Tat
sind alle uns bekannten Bündnisse dieser Art zweiseitige Verträge und
in allen Fällen hat eine stärkere Macht einer schwächeren ihren Willen
auferlegt: dazu gehören die Bündnisse Athens mit den Bottiäern (Staats-
verträge 187), mit Perdikkas (Staatsverträge 186) und mit Thurioi (Thuk.
VII 33,6). Sparta hat seinerseits auf diese Weise die Athener im J. 404
(Xen. Hell. II 2,20), die Achäer im J. 389 (Xen. Hell. IV 6,2) und die
Olynthier zehn Jahre später (Xen. Hell. V 3,26) an sich gebunden. Ein
ähnlicher Vertrag der Lakedaimonier mit den Ätolem ist kürzlich durch
eine Inschrift bekannt geworden3411. Es ist kaum anzunehmen, daß im
33 Siehe die Liste bei G. E. Μ. de Ste. Croix a.a.O. (oben Anm. 26).
34 So richtig G. E. Μ. de Ste. Croix, The Origins of the Peloponnesian War 108;
ferner G. Busolt-H. Swoboda, Gr. Staatskunde 1340 Anm. 6; V. Martin, La vie
internationale 152 Anm. 1.
34a Vgl. W. Peek, Abh. Akad. Leipzig 65,3 (1977) und F. Gschnitzer, Ein neuer spar-
tanischer Staatsvertrag und die Verfassung des Peloponnesischen Bundes, Beitr.
zur Klass. Phil. 93 (1978). Es geht dabei um die völkerrechtliche Stellung der
Hegemonialmacht Sparta im Peloponnesischen Bund. Gschnitzer zeigt a.O. 34ff.,
daß Sparta mit Hilfe der Hegemonialklausel έπομένους δποι αν ήγώνται „auf
die Gewinnung und feste Organisation einer heeresfolgepflichtigen Bundesgenos-
senschaft abzielte“. Hegemonialklausel und Verpflichtung, dieselben Freunde
und Feinde zu haben, hängen eng zusammen. In den Bündnisverträgen Spartas
mit den Bündnern des Peloponnesischen Bundes ist auch die Verpflichtung, die-
selben Freunde und Feinde zu haben, einseitig formuliert. Im konkreten Fall
heißt das, daß die Erxadieis dieselben Freunde und Feinde haben müssen wie die
Lakedaimonier, nicht aber umgekehrt (a.O. 36). Der Bündnisvertrag der Lake-
daimonier mit den Erxadieis gehört nach Peek und Gschnitzer in die erste Hälfte
des 5. Jahrhunderts.
 
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