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Giovannini, Adalberto; Gottlieb, Gunther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 7. Abhandlung): Thukydides und die Anfaenge der athenischen Arche — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45484#0022
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AdäLBERTO GlOVANNiNi - GUNTHER GOTTLIEB

hervor, während sich Themistokles eher als Kriegsmann auszeichnete3 .
Die Beurteilung des Aristeides begründet Aristoteles dann mit drei
Handlungen desselben: 1. er bewirkte den Abfall der Ionier von den
Lakedaimoniern; 2. er veranlagte den Phoros; 3. er leistete den Ioniern
den Eid für die Athener. So ist bei Aristoteles wie bei Plutarch der inhalt-
liche und gedankliche Zusammenhang zwischen Abfall der Ionier, Fest-
setzung des Phoros und Eid mit den Ioniern zuerst die Persönlichkeit
des Aristeides, auf die es hier allein ankommt (ούτος ήν ό τάξας). Daß
die Festsetzung des Phoros und der Eid auch zeitlich, örtlich und sach-
lich miteinander verbunden seien, geht aus dem Text des Aristoteles nicht
hervor. Nach Aristoteles sind die Einrichtung des Phoros und der Eid
zwei verschiedene Handlungen des Aristeides gewesen, die zwei verschie-
dene Gruppen von Partnern haben: die Veranlagung des Phoros bezieht
sich auf den Hegemoniewechsel, wie wir ihn schon aus Thuk. I 96 ken-
nen, und betraf nicht nur ionische Gemeinden; bei der Eidesleistung
ist dagegen nur von den Ioniern die Rede37 38. Nun ist ein ewiges Bündnis
zwischen Athen und den zwölf ionischen Städten durchaus plausibel
und sinnvoll. Das Verwandtschaftsverhältnis (συγγένεια), das die Athe-
ner mit den lonern verband, war kein leeres Wort; es veranlaßte die
Athener beispielsweise, nach der Schlacht bei Mykale gegen die Evakuie-
rung Ioniens Einspruch zu erheben (Her. IX 106). Den ionischen Städten
gegenüber fühlten sich also die Athener in ganz besonderer Weise ver-
pflichtet. Daß sie damals oder bald danach ein Bündnis abgeschlossen
hätten, wodurch Metropolis und Apoikien eidlich versprachen, sich
gegen alle möglichen Feinde Hilfe zu leisten, würde in den historischen
Zusammenhang sehr gut passen. Der Eid des Aristeides wird erst dann
sinnvoll, wenn man ihn, wie Aristoteles auch sagt, auf die Ionier und nur
sie allein bezieht39.
37 Ath. Pol. 23,3: ήσαν δέ προστάται τού δήμου κατά τούτους τούς καιρούς
Αριστείδης ό Λυσιμάχου καί Θεμιστοκλής ό Νεοκλέους, ό μέν τα πολεμικά
δοκών (άσκεΐν), ό δέ τά πολιτικά δεινός είναι, καί δικαιοσύνη των καθ’ εαυτόν
διαφέρειν· διό καί έχρώντο τω μέν στρατηγω, τφ δέ συμβούλω.
38 Unseres Wissens ist Ν. G. L. Hammond der einzige, der in diesem Punkt Aristo-
teles beim Wort nimmt: er glaubt, daß die Athener zuerst mit den Ioniern allein
und erst später mit den anderen Hellenen der Ägäis das Bündnis abgeschlossen
haben (A History of Greece2 [Oxford 1967] 256f. und JHS 87 [1967] 46f. und 50).
39 Daß Plutarch einen Eid mit den Ioniern in einen Eid mit allen Hellenen ver-
wandelt habe, braucht nicht zu verwundern. Hier verwendet er den Begriff
οί "Ελληνες offensichtlich im Sinne eines panhellenischen Geschichtsverständ-
nisses, das die ganze Biographie des Aristeides durchprägt. In gleicher Weise
hat der Epitomator des Polybios eine Entscheidung der Achäer in eine Entschei-
dung der Hellenen umgemünzt (Pol. 28,6,1).
 
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