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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 8. Abhandlung): Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft des Roemischen Kaiserreiches: Erwartungen u. Wertmassstäbe ; vorgetragen am 1. Dezember 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45485#0015
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Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft

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Kaiser wird nicht nur als fortis und invictus, sondern sehr häufig als
fortissimus und invictissimus gerühmt17. Jede so oder ähnlich bezeich-
nete Person sollte als ein Mensch charakterisiert werden, der eine
Tugend oder mehrere - oder gar alle - Tugenden vollkommen ver-
körpert. Schon daraus ergeben sich die grundlegenden Maßstäbe, nach
denen die Verhaltensweisen und Leistungen des Einzelnen in der
römischen Welt gemessen wurden. Auf der einen Seite war jeder
einer Kollektivmoral verpflichtet und mußte, um gesellschaftlich aner-
kannt zu werden, die Anforderungen dieser Ethik erfüllen. Das be-
deutete freilich, daß für die Entfaltung des Ich nur ein begrenzter
Raum ohne echte Altemativchancen vorhanden sein konnte, denn
jeder mußte eigentlich dem anderen ähnlich sein. Auch der Superlativ
wie z. B. optimus will nicht besagen, daß man anders als andere 'gute’
Menschen gewesen sein sollte, sondern ist als Elativ zu verstehen,
nämlich so, daß der Betreffende den allgemein gültigen moralischen
Anforderungen bestens entsprach. Aber auf der anderen Seite wird uns
auch die sehr hohe Einschätzung des individuellen Beitrages zur
Kollektivmoral und damit der persönlichen Leistung deutlich: Der
Einzelne war herausgefordert, im Rahmen des Aktionsfeldes der kol-
lektiven Ethik eben sein Bestes und dadurch sein Eigenes zu leisten -
das vor allem daran zu erkennen war, daß er bei der Erfüllung seiner
Verpflichtungen ein überdurchschnittliches Niveau erreichen und so
andere übertreffen sollte.
Wie sehr man gewöhnt war, gerade in dieser 'Aristie’ einen indi-
viduellen Zug zu erblicken, wird durch jene Texte erkennbar, in denen
der normalerweise elativisch zu verstehende Superlativ doch bewußt
als ein echter Superlativ gemeint ist, wie dies durch die manchmal
geradezu groteske Formulierung verraten wird. In einer Grabinschrift
17 Zu den Superlativen in der 'inoffiziellen’ Titulatur der Kaiser siehe schon Chr.
Schöner, Über die Titulaturen der römischen Kaiser. Acta Sem. Philol. Erlan-
gensis 2, 1881, 449ffi, bes. 454ffi; aus der neueren Literatur siehe etwa L. Ber-
linger, Beiträge zur inoffiziellen Titulatur der römischen Kaiser. Eine Untersuchung
ihres ideengeschichtlicheri Gehaltes und ihrer Entwicklung (Breslau 1935) 85ffi;
Μ. Hammond, Imperial Elements in the Formula of the Roman Emperors
during the first Two and a Half Centuries of the Empire. Mem. Amer. Acad.
in Rome 25, 1957, 19ffi, bes. 41 ff.; F. Taeger, Charisma. Studien zur Geschichte
des antiken Herrscherkultes (Stuttgart 1957/60) II 366, 392, 443f.; R. Frei-
Stolba, Inoffizielle Kaisertitulaturen im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. Mus. Helv.
26, 1969, 18ff. (zur Bedeutung der Superlative ebd. 19). Eine Liste derartiger
Kais erb einamen bietet L. Wickert in seinem Princeps-Artikel, RE XXII 2 (1954)
2231; zu ihrer schematischen Verwendung siehe ebd. 2233.
 
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