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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 8. Abhandlung): Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft des Roemischen Kaiserreiches: Erwartungen u. Wertmassstäbe ; vorgetragen am 1. Dezember 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45485#0027
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Die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft

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das Streben der griechischen Städte, einander zu übertreffen - wobei
er dieses Streben gerne mit demjenigen der einzelnen Menschen nach
einer einzigartigen Stellung verglich: Den Vorfahren 'war es noch
möglich, ihre Tüchtigkeit auf vielen anderen Gebieten zu beweisen:
Sie konnten eine führende Stellung unter den anderen einnehmen,
den Bedrängten helfen, Bundesgenossen erwerben, Städte gründen,
Kriege gewinnen. Ihr aber könnt nichts mehr von all dem tun. Nach
meiner Meinung bleibt euch nur übrig, euch selbst zu leiten, eure
Stadt zu verwalten, diesen oder jenen zu ehren und ihm Beifall zu
klatschen, ... im Rat zu sitzen, das Recht zu pflegen, den Göttern
zu opfern und Feste zu feiern. In dem allen könnt ihr euch den
andern überlegen zeigen’73. Und während seinerzeit Athen und Sparta
wirklich um die Macht kämpften, ist im römischen Kaiserreich jeder
Streit sinnlos: Wer 'heutzutage die Zänkereien und Anlässe zur Feind-
schaft sieht, wird sich meiner Meinung nach schämen, denn es sind
die Streitereien von Sklaven, die sich mit ihresgleichen um Ansehen
und erste Plätze zanken’74. Um so mehr muß uns aber auffallen,
wie häufig in der römischen Kaiserzeit von erstmaligen Leistungen
der Zeitgenossen gesprochen wurde - oder zumindest von ihrem
erstmaligen und einmaligen Rang, der ihnen angesichts ihrer Lei-
stungen zukam.
Die Kriterien, nach denen solche Leistungen und Eigenschaften
betrachtet und beurteilt wurden, blieben die gleichen wie für die Be-
trachtung und Beurteilung historischer Ersttaten früherer Zeiten. Das
Schema virtutes- vitia ist nicht nur etwa für Valerius Maximus der
Ausgangspunkt für die Zusammenstellung von exempla für die Tugen-
den, sondern für Plinius ebenso wie für Sueton die Grundlage für die
Betrachtung von Charakter und Lebenslauf der Herrscher75, und nach
und Wandel des Lebensaltervergleichs. Hermes 92, 1964, 313ff.; A. Demandt,
Zeitkritik und Geschichtsbild im Werk Ammians (Bonn 1965) 118ff.; P. Archam-
bault, The Ages of Man and the Ages of the World. Rev. des Etudes Augusti-
niennes 12, 1966, 193 ff.
73 Dion, Or. 31,161 f. Die wörtlichen Übersetzungen aus dem Werk des Dion von
Prusa gebe ich nach W. Eiliger, Dion Chrysostomos, Sämtliche Reden (Zürich-
Stuttgart 1967).
74 Dion, Or. 34,51.
75 Val. Max., Praef.; Plin., Paneg. 4,5, ferner bes. Suet., Tib. 21,3; N 1,2; Tit. 7,1;
D 3,2, vgl. auch A 66,1; dazu ausführlich E. Cizek, Structures et Ideologie dans
«Les Vies des Douze Cesars» de Suetone (Bucure§ti-Paris 1977) 65 ff., ferner
W. Eisenhut, Virtus Romana. Ihre Stellung im römischen Wertsystem (München
1973) 186ff.
 
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