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Geza Alföldy
sönliche Leistungen fordert159. Dadurch - durch Einigkeit in Glaube
und Liebe - besteht dann auch die echte Gemeinschaft, jene der
Kirche.
So brauchte man auch nicht mehr als rarissimus, singularis, in-
comparabilis in sinnlos gewordenen Tugenden herauszuragen: Be-
zeichnenderweise wurden diese Adjektive in der christlichen Sepul-
kralepigraphik ebenso wie vieles andere aus dem Vokabular heid-
nischer Grabinschriften übernommen, jedoch eher nur noch selten
und mit einem immer deutlicher veränderten Inhalt verwendet:
Als rarissimus, singularis, incomparabilis gilt in den christlichen Grab-
inschriften vor allem deijenige, der im Sinne der christlichen Ethik
sündenfrei lebte, wobei die Begriffe innocentia, castitas, pudicitia
einen neuen Inhalt erhielten160; und die unica fides bedeutet in
diesen Inschriften ebenfalls etwas ganz anderes als im heidnischen
Wortgebrauch161. Und verschwunden ist in der christlichen Epigraphik
der Ehrgeiz, nach alten Maßstäben die Rolle des Ersten zu spielen.
Denn es gab nur noch einen einzigen 'echten’ Ersten, nämlich den
Erlöser: δς έστιν άρχή, πρωτότοκος έκ των νεκρών, ϊνα γένηται έν
πάσιν αυτός πρωτεύων, ότι έν αύτω εύδόκησεν παν το πλήρωμα
κατοικήσαι162. Dem Apostel selbst blieb bei diesem Primat nur noch
übrig, zu bekennen, daß er unter den Sündern der πρώτος war,
und sich darüber zu freuen, daß έν έμοι πρώτω ένδείξηται Ιησούς
Χριστός τήν άπασαν μακρούυμίαν, προς ύποτύπωσιν τών μελλόντων
πιστεύειν έπ’ αύτω εις ζωήν αιώνιον163. Sonst galt für jedermann nur
noch der Befehl der Nächstenliebe: εϊ τις θέλει πρώτος είναι, έσται
πάντων έσχατος και πάντων διάκονος164. Das war eine neue Wert-
ordnung: Es zählten nunmehr diejenigen, qui - in Salvians For-
159 Vgl. H. Drexler, a.O. (oben Anm. 10) 253: 'Entdeckt hat das Individuum das
Christentum’.
160 Rarus/rarissimus in christlichen Grabinschriften: Belege in ILCV 169; 1738; 2285;
3343; 4658; 4711; 4922. Singularis: Belege in ILCV 711; 3326; 3906,A; 4336;
4711; siehe noch etwa G. Alföldy, Die römischen Inschriften von Tarraco Nr. 952.
Incomparabilis: Liste der Belege in ILCV III p. 538.
161 CIL VI 32049 = ILCV 168,c: deo serviens unicae fidei. Neu ist etwa auch die
unica virginitas der christlichen Frau: Die römischen Inschriften von Tarraco
Nr. 952.
162 Kol. 1,18. Vgl. dazu W. Michaelis, in: Theologisches Wörterbuch zum Neuen
Testament VI (Stuttgart 1959) 883.
163 1 Tim. l,15f.
164 Mk 9,35; ähnlich ebd. 10,43 und Mt 20,27. Vgl. dazu W. Michaelis, a.O. 869.
Geza Alföldy
sönliche Leistungen fordert159. Dadurch - durch Einigkeit in Glaube
und Liebe - besteht dann auch die echte Gemeinschaft, jene der
Kirche.
So brauchte man auch nicht mehr als rarissimus, singularis, in-
comparabilis in sinnlos gewordenen Tugenden herauszuragen: Be-
zeichnenderweise wurden diese Adjektive in der christlichen Sepul-
kralepigraphik ebenso wie vieles andere aus dem Vokabular heid-
nischer Grabinschriften übernommen, jedoch eher nur noch selten
und mit einem immer deutlicher veränderten Inhalt verwendet:
Als rarissimus, singularis, incomparabilis gilt in den christlichen Grab-
inschriften vor allem deijenige, der im Sinne der christlichen Ethik
sündenfrei lebte, wobei die Begriffe innocentia, castitas, pudicitia
einen neuen Inhalt erhielten160; und die unica fides bedeutet in
diesen Inschriften ebenfalls etwas ganz anderes als im heidnischen
Wortgebrauch161. Und verschwunden ist in der christlichen Epigraphik
der Ehrgeiz, nach alten Maßstäben die Rolle des Ersten zu spielen.
Denn es gab nur noch einen einzigen 'echten’ Ersten, nämlich den
Erlöser: δς έστιν άρχή, πρωτότοκος έκ των νεκρών, ϊνα γένηται έν
πάσιν αυτός πρωτεύων, ότι έν αύτω εύδόκησεν παν το πλήρωμα
κατοικήσαι162. Dem Apostel selbst blieb bei diesem Primat nur noch
übrig, zu bekennen, daß er unter den Sündern der πρώτος war,
und sich darüber zu freuen, daß έν έμοι πρώτω ένδείξηται Ιησούς
Χριστός τήν άπασαν μακρούυμίαν, προς ύποτύπωσιν τών μελλόντων
πιστεύειν έπ’ αύτω εις ζωήν αιώνιον163. Sonst galt für jedermann nur
noch der Befehl der Nächstenliebe: εϊ τις θέλει πρώτος είναι, έσται
πάντων έσχατος και πάντων διάκονος164. Das war eine neue Wert-
ordnung: Es zählten nunmehr diejenigen, qui - in Salvians For-
159 Vgl. H. Drexler, a.O. (oben Anm. 10) 253: 'Entdeckt hat das Individuum das
Christentum’.
160 Rarus/rarissimus in christlichen Grabinschriften: Belege in ILCV 169; 1738; 2285;
3343; 4658; 4711; 4922. Singularis: Belege in ILCV 711; 3326; 3906,A; 4336;
4711; siehe noch etwa G. Alföldy, Die römischen Inschriften von Tarraco Nr. 952.
Incomparabilis: Liste der Belege in ILCV III p. 538.
161 CIL VI 32049 = ILCV 168,c: deo serviens unicae fidei. Neu ist etwa auch die
unica virginitas der christlichen Frau: Die römischen Inschriften von Tarraco
Nr. 952.
162 Kol. 1,18. Vgl. dazu W. Michaelis, in: Theologisches Wörterbuch zum Neuen
Testament VI (Stuttgart 1959) 883.
163 1 Tim. l,15f.
164 Mk 9,35; ähnlich ebd. 10,43 und Mt 20,27. Vgl. dazu W. Michaelis, a.O. 869.