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Beierwaltes, Werner; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 6. Abhandlung): Regio Beatitudinis: zu Augustins Begriff des glücklichen Lebens; vorgelegt am 24. Januar 1981 — Heidelberg: Winter, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.47799#0017
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Regio Beatitudinis

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στιν ή νόησις νοήσεως νόησις35. Gerade durch das stetige Denken ist er
reine, höchste Tätigkeit oder Wirklichkeit, Ausschluß jeder erst voll-
endbaren Möglichkeit, immerwährender Vollzug seines Wesens als un-
ermüdbares Leben. Im Denken des Denkens seiner selbst ist er immer
in sich, auf sich selbst zurückvollzogen und dadurch seiner selbst be-
wußt. Der bewußte Besitz seiner selbst als seiendes Denken und seien-
des Gedachtes ist seine Wirklichkeit: ενεργεί δε έχων. Im Blick auf die-
se Ursprung seiende Einheit von Denken und Gedachtem kann gesagt
werden: Indem die Substanz des Gedachten das Denken ist, Denken
aber im Sein gründet, ist dieses Gedachte und das Denken als Sein des
seienden Gedachten die absolute Ursache; sie ist die in sich selbst un-
veränderbare Selbstbewegung des Denkens zu sich selbst hin. Trennung
und Beziehung von Sein, Denken und seiendem Gedachten ist so in ei-
nem absoluten Sinne ein und die selbe36.
Diesem göttlichen Selbstdenken gegenüber ist diskursiv verfahrendes
menschliches Denken immer nur „zweite Philosophie“, da es - in Zeit
verflochten - nie sich selbst, zeitlos-stetig, als das Beste zu denken im-
stande ist. Seine Wesensform ist vielmehr Aussagen: kategoriales und
praedikatives Sagen, das immer nur „etwas von etwas“ sagt, τι κατά τί-
νος, nie aber das Ganze. Gleichwohl vermag sie den im Denken seiner
selbst sich selbst durchlichtenden göttlichen Grund von Sein und Den-
ken denkend zu berühren. Da die menschliche Natur vielfach „Sklavin“
ist, dürfte wohl, nach dem Spruch des Simonides, nur Gott das Wesens-
recht des stetigen und alles Seiende begründenden und umfassenden
Denkens zukommen37. Der Grund dafür aber, daß es der Mensch trotz-
dem wagt, das Leben des betrachtenden Denkens zu leben, weil er in
ihm die Notwendigkeit seiner Natur erfüllt und nur in ihm die Vollen-
dung seines Wesens durch das glückliche Leben erreichen kann, ist das
in ihm vorlaufend-seiende Göttliche selbst. Dieses das Sein des Men-
schen vorlaufend begründende Göttliche ist Grund der Möglichkeit,
daß es der Mensch in ihm selbst durch den Blick der ‘theoria’ als solches
trifft. „Ist also der Geist, mit dem Menschen verglichen, etwas Göttli-
ches, so ist auch das Leben nach dem Geiste göttlich im Vergleich zum
menschlichen Leben“38. In den nun folgenden Sätzen erreicht die An-
35 1 074 b 33-35. Zu diesem Problemkreis im ganzen vgl. die gedankenreiche Abhand-
lung von H. J. Krämer, Grundfragen der aristotelischen Theologie, in: Theologie und
Philosophie 44, 1969, 363-382. 481-505.
36 Vgl. hierzu Hegel, Geschichte der Philosophie II (1842) 294.
37 Met. 982 b 29f.
38 Eth. Nie. 1177 b 30f.
 
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