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Beierwaltes, Werner; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 6. Abhandlung): Regio Beatitudinis: zu Augustins Begriff des glücklichen Lebens; vorgelegt am 24. Januar 1981 — Heidelberg: Winter, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.47799#0040
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Werner Beierwaltes

rung: die mit der Wahrheit identische Weisheit selbst, die zudem allen
denkenden Wesen gemeinsam ist137. Sie ist nicht nur der zeitfreie, abso-
lute Ort138 der Zahlen, so daß die unveränderlichen Regeln der Zahlen
zugleich die unveränderlichen Regeln der Weisheit sind, sondern sie ist
auch der Ort der Ideen139, die in ihrem zahlhaft-strukturierenden oder
ordnenden Sein zugleich als creativer Vorentwurf der Welt wirksam
sind (Sapientia disponit omnia suaviter). Sie sind im WORT als der
„vom Vater gezeugten Weisheit“140 ausgesprochen: als ein Sein in sich
— inneres Moment des göttlichen Denkens - und zugleich als Creative
Konstituentien von Welt - göttlicher Grund eines gegenüber ihm selbst
„anderen“ Seins. Wenn der Mensch also im Rückgang des Denkens in
sich selbst ein unwandelbares Sein findet, so realisiert er dadurch eben-
so seine Verbundenheit mit dem Bereich der Ideen141. Das Erreichen
aber der Erkenntnis von Wahrheit, Weisheit, Bereich der Ideen, Gott,
das Sich-Richten auf das, was „immer Ein und Das Selbe ist“ (unum at-
que idem semper142), — initiiert und bewegt durch den unserem Geist
eingeprägten Begriff von Weisheit und Glück (sapientiae et beatitatis no-
tio in mente impressa)143 — ist zumindest im Bereich der Endlichkeit die
höchste Form von Glück: das, was den spe beati, den durch Hoffnung
und in ihr Glücklichen entspricht. „Niemand nämlich ist glücklich, es sei
denn durch das höchste Gut, das in der Wahrheit gesehen und begriffen
wird, die wir Weisheit nennen“144. Diese aber ist das „Sein selbst“145.
137 Lib. arb. II 9,25. 26: num aliam putas esse sapientiam nisi veritatem, in qua cernitur et
tenetur summum bonum? 27: lux ipsa sapientiae . . . omnibus sapientibus . . . una
communis. 14,38. 19,52. 16,42: Transcende ergo et animum artificis, ut numerum
sempiternum videas; iam tibi sapientia de ipsa interiore sede fulgebit. (Vgl. Plot. I 6,
9, 13-15: . . . και μή παύση τεκταίνων το σόν άγαλμα, έως άν έκλάμψειέ σοι τής
αρετής ή θεοειδής άγλαία, έως άν ϊδης σωφροσύνην έν άγνφ βεβώσαν βάθρω.)
138 Lib. arb. II 11,30: . . . eius (seil, incommutabilis veritatis numerorum) quasi cubile ac
penetrale vel regionem quandam . . . quasi habitaculum quoddam sedemque nume-
rorum.
139 Ebd. 12,33.
140 15,39.
141 12,33. 19,52: coaptare animum illis incommutabilibus regulis ... III 5,13: humana
anima divinis ex quibus pendet connexa rationibus.
142 II 16,41.
143 II 9,26.
144 Ebd.: nemo enim beatus est, nisi summo bono, quod in ea veritate, quam sapientiam
vocamus, cernitur et tenetur. 13,35: quid beatius eo qui fruitur inconcussa et incom-
mutabili et excellentissima veritate. 13, 36. 16, 41: beata vita animae deus est.
145 15, 19. Zu diesem Problem vgl. W. Beierwaltes, Platonismus und Idealismus 30ff. E.
Zum Brunn, L’exegese augustinienne de „Ego sum qui sum“ et la „metaphysique de
l’Exode“, in: Dieu et l’Etre (ed. P. Vignaux), Paris 1978, 141-163.
 
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