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Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 1. Abhandlung): Achilleus in Jerusalem: eine spätantike Messingkanne mit Achilleus-Darstellungen aus Jerusalem ; vorgelegt am 28. November 1981 — Heidelberg: Winter, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.47804#0042
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Martin Hengel

b) Da Seite A die Verfolgung und Tötung Hektors durch Achilleus
und Seite B unten die Lösung Hektors darstellt, möchte man
annehmen, daß das Motiv auf Seite B oben ebenfalls in diesen enge-
ren, in sich geschlossenen Zusammenhang gehört, und zwar so, daß
es sachlich noch vor die am eindrücklichsten ausgearbeitete Szene
der Lytra einzureihen wäre, die zugleich das Ende der Ilias darstellt
und folgerichtig den Abschluß des kleinen „Achilleus-Zyklus“ auf
der Kanne bildet. Dabei ist auch die innere Symmetrie der Dar-
stellungen zu beachten. Auf Seite A erscheint Achilleus gepanzert
und gewappnet als siegreicher Kämpfer, auf Seite B dagegen in
leichtem Gewand als Freund der Muse und als herrscherliche
Gestalt. Dabei befindet er sich bei allen vier Darstellungen stets auf
der linken Seite.
Zwischen der Tötung und der Lösung Hektors begegnen uns in
der Ilias und deren künstlerischen Darstellungen im Zusammen-
hang mit Achilleus zwei Frauen:
a) Seine Mutter Thetis, die ihm den Befehl des Zeus überbringt, den
Eeichnam des Hektor freizugeben, und die ihn, den selbst schon
vom Tode Gezeichneten, zu trösten sucht, ja, ihm den Rat gibt, sich
der Eiebe einer Frau hinzugeben54. Aber auch die Identifizierung
der weiblichen Gestalt mit der göttlichen Mutter des Helden schei-
det wegen der Kopfbedeckung aus.
b) Briseis, die Lieblingssklavin des Achilleus. Nach dem Tode des
Patroklos von Agamemnon dem zürnenden Peliden zurückgege-
ben55, wird sie dessen ständige Zeitgenossin und ist sowohl nach der
Ilias wie auch nach zahlreichen Abbildungen56 als Gefährtin bei der
Lösung Hektors vorauszusetzen. In der schon erwähnten spätrömi-
schen Terrakottaplatte steht sie z. B. nachdenklich rechts vor dem
thronenden Achilleus und ist neben diesem, dem bittenden Pha-
mos und einem Myrmidonen im Hintergrund, die einzige Frau auf
der Szene57 (s. A. 32a). Die Verbitterung des Achilleus über die
54 Ilias 24, 126-137 vgl. 130 f.: dyaüöv öe yvvaixi rtep ev (piAovpTi / pinyeoü’- Es
folgt die Aufforderung, nach dem Willen des Zeus den toten Hektor freizu-
geben, der Achilleus zustimmt: 137. 139.
55 19, 245 f. vgl. 282 ff.: Briseis, „schön wie die goldene Aphrodite“, klagt um
Patroklos. Vgl. LIMCI s. v. Achilleus Nr. 505. 690; s. dazu D. Kemp-Lindemann,
op. cit. 132 ff.; Kossatz-Deißmann LIMC II s. v. Briseis Nr. 16-19.
56 24. 675f.: aü-uap ’AxiXXevc; evöe pu/w xZiovrp; eünf|XTOU • / V öe BproriK
TcapeZe^ctTo xoAÄiKdppot;.
57 LIMC I s. v. Achilleus Nr. 643-45. 648. 649. 654. 656. 680. 681. 687. 691. 693.
711. 713. 716. Vgl. auch LIMC II s. v. Briseis, Einleitung und Nr. 21-43. Zur
 
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