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Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 1. Abhandlung): Achilleus in Jerusalem: eine spätantike Messingkanne mit Achilleus-Darstellungen aus Jerusalem ; vorgelegt am 28. November 1981 — Heidelberg: Winter, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.47804#0041
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Achilleus in Jerusalem

31

„modo dulcia notae
Fila lyrae tenuesque modos et carmina monstrat
Chironis ducitque manum digitosque sonanti
Infringit citharae, nunc occupat ora canentis
Et ligat amplexus et per mille oscula laudat“51.
„Oder er zeigt ihr nur die süßen Saiten der (ihm) vertrauten Lyra
und die zarten Weisen und Lieder Chirons, und er führt ihre Hand
und läßt ihre Finger die klingende Harfe schlagen. Jetzt, da sie
singt, erobert er ihren Mund, bindet sie, indem er sie umarmt,
und lobt sie durch tausend Küsse“.
Wir besitzen eine ganze Reihe von bildlichen Darstellungen, wo
Achilleus mit Deidameia und den anderen Töchtern des Lyko-
medes auf der Lyra musiziert52. Auf der Silberplatte von Kaiseraugst
spielt Achilleus mit einem Plektron, während ihm Deidameia
gegenübersitzt (s. A. 35). Gegen eine unmittelbare Identifikation
unserer Darstellung mit dieser vor-iliadischen Szene sprechen
jedoch zwei Gründe:
a) Die weibliche Gestalt trägt eine phrygische Mütze, die Insel
Skyros gehörte dagegen zu Griechenland und nicht zu Kleinasien.
Phrygische Mützen tragen gerade auf den römischen Darstellungen
sehr häufig die Trojaner und ihre kleinasiatischen Verbündeten,
niemals aber die Hellenen53. Auch die Töchter des Lykomedes
haben sonst nie diese Kopfbedeckung.
51 I, 572-576.
52 LIMC I s. v. Achilleus Kap. II S. 55 ff. Nr. 95-104. Das Motiv findet sich ver-
mutlich schon in einem Gemälde von Polygnot (um 450 v. Chr.), dann aber vor
allem in römischer Zeit. In der Regel handelt es sich dabei jedoch um Gruppen-
darstellungen. Eine Ausnahme bildet Nr. 99, wo Deidameia allein rechts vor
Achilleus kniet und zu ihm, der auf der Kithara spielt, die Hand ausstreckt.
I. Charbonneaux, La Sculpture grecque et romaine au Musee du Louvre, 1963,
212. Auf der Silberplatte von Kaiseraugst spielt Achilleus im Frauengemach
Lyra. Links von ihm sind vier Mädchen, die Wolle spinnen. Drei von ihnen
stehen, die Achilleus nächste, Deidameia, sitzt und schaut auf den Spieler.
S. Nr. 102 (vgl. Nr. 4 Lit.) und M. Manacorda, La Paideia di Achille, Roma 1971,
Taf. 11; K. Weitzmann (ed.), op. cit. (Anm. 34), 231 ff. Nr. 208. Die Deidameia-
Szene erscheint auch auf einem jüngst veröffentlichten römischen Mosaik aus
dem palästinischen Nablus. Es enthielt einen Achilleus-Zyklus und ist leider
nur sehr fragmentarisch erhalten, s. C. M. Dauphin, Israel Exploration Journal
29 (1979) 11-33. Die Herausgeberin datiert es in die Zeit nach Philippus Arabs
(244-249 n. Chr.), d. h. die Mitte des 3. Jhdt.s, oder wenig später.
53 Typisch sind dafür etwa die Illustrationen der Ilias Ambrosiana, wo die phry-
gische Mütze als das durchgehende Unterscheidungsmerkmal der Trojer gegen-
über den Achäern erscheint, s. u. S. 41f. Anm. 83.
 
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