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Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 1. Abhandlung): Achilleus in Jerusalem: eine spätantike Messingkanne mit Achilleus-Darstellungen aus Jerusalem ; vorgelegt am 28. November 1981 — Heidelberg: Winter, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.47804#0051
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Achilleus in Jerusalem

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spielen, ebenso wie jegliche mythische Ausmalung fehlen. Ob das
ein bloßer Zufall ist? An sich hat die klassische Mythologie - von
der späteren Zeit des Bildersturms abgesehen - auch die gebildeten
christlichen Byzantiner erfreut, und man hat auch weiterhin heid-
nische Götter abgebildet, die freilich jetzt zum Teil eher den
Charakter allegorischer Figuren erhielten. Ein eindrückliches Bei-
spiel für dieses Fortwirken der Mythologie in der bildenden Kunst
ist die Schilderung, die der christliche Rhetor Prokopios von Gaza,
der verehrte Lehrer des Chorikios, zu Beginn des 6. Jhdts. von
einem Gemäldezyklus gegeben hat, den ein vornehmer Bürger sei-
ner Heimatstadt, Timotheos, gestiftet hatte, und der Szenen aus der
Theseus- und Phaedra-Hippolytos-Sage, aus der Ilias, sowie das
Bild des Stifters enthielt82. Auch hier fehlen in den zahlreichen Dar-
stellungen außer dem Verführer Eros und Aphrodite, der Ur-
heberin des Unheils, alle Göttergestalten. Die Tendenz des Ganzen
ist streng moralisch: dargestellt werden die Verderblichkeit der
Leidenschaft und das Lob der Keuschheit. Man sah die alten Sagen
jetzt doch mit anderen Augen.
3.2 Zur Datierung der Kanne könnte man auf die Illustrationen der
Ilias Ambrosiana verweisen, die nach dem Herausgeber Bianchi
Bandinelli um 500 n. Chr. und nach K. Weitzmann etwas früher im
5. Jh. anzusetzen sind83. Hier begegnen wir nicht nur der für die
Spätzeit typischen Frontansicht des mit freiem Oberkörper, Fuß-
schemel und Stab thronenden Herrschers, seien es nun Zeus,
Agamemnon, Achilleus oder andere84, sondern auch einer ähn-
lichen Kleidung und Bewaffnung der Soldaten. Letzteres besagt
82 P. Friedländer (Anm. 43) 95: „zwischen 495 und 530 (um etwa die äußersten
Grenzen zu nennen)“. Ebd.: „mit der Beschreibung Prokops teilen den heid-
nischen Ton seine anderen Festreden“, 96: „Aber dieser Rhetor ist zugleich
ein anerkannter Theologe, dessen Kommentare zum Alten Testament einen
Band in Mignes Patrologia Graeca füllen“. Prokopios verfaßte u. a. auch eine
Declamatio über die Rede des Phoinix bei seiner gescheiterten Gesandtschaft
zu Achilleus „als Agamemnon zu ihm gesandt und die Briseis als Bittflehende
hingeschickt hatte“ s. W. Aly Art. Prokopios v. Gaza PW 23, 1 (1957) Sp. 264;
vgl. o. S. 38 Anm. 75 u. u. S. 50. 52 Anm. 111. 115.
83 R. Bianchi Bandinelli, op. cit. (Anm. 67) 163, vgl. 167: 493-506 n. Chr., dagegen
K. Weitzmann, Gnomon 29 (1957) 606 ff. 615 f.
84 Vgl. op. cit. die Miniaturen II. III. V-VII. IX. X. XIX. XXIII. XXXI. Achilleus
war zwar nicht im strengem Sinne „Herrscher“, da sein Vater Peleus noch lebte,
wurde aber in römischer Zeit dennoch in dieser Weise dargestellt. Vgl. zum
Problem H. Hommel, Der Gott Achilleus, SAH ph.-hist. Kl. 1980, 1. Abh.
 
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