P. J. Feuerbach und der Bestimmtheitsgrundsatz im Strafrecht
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Der Begriff der Freiheit ist nicht teilbar. Das Erscheinende aber
unterliegt der Notwendigkeit. Der Gesellschafts- und Staatsvertrag,
insofern er als frei geschlossen gedacht wird, kann mithin seinem
Wesen nach nur ein Geschehnis in der Sphäre des Nichterschienenen
und Nichterscheinbaren sein. In diesem Sinn liegt das Vertragsge-
schehen mitsamt seinen konstitutiven Bedingungen allem erscheinen-
den Handeln voraus. Sie sind darum ebensowenig empirisch wie sie
nicht der Notwendigkeit unterliegen.
Der Grund des Gesetzes kommt daher nur in der praktischen
Vernunft vor81. Ob der Akt der Gesetzgebung der Freiheit oder der
Notwendigkeit zugehöre, darüber hat uns Feuerbach seine Ansicht
leider nicht mitgeteilt. Das Gesetz selbst, einmal in Geltung gesetzt,
ist wieder empirisch, und zwar in seiner Wirkung wie in seiner eige-
nen Existenz. Als solches ist es Gegenstand der empirischen Rechts-
wissenschaft.
tischen Vernunft ein altemativenfreies, also ein eindeutiges Recht vorschreibe,
über dessen Erkenntnis es keinen Zweifel geben könne (von den „positiven
Gesetzen“ im engeren Sinn abgesehen (Metaphysik der Sitten, AB 23, 24 (Wei-
schedel IV S. 331)). Darum war für Kant die weithinnige Überlagerung von Le-
galität und Moralität im Gegenstand (nicht in der Triebfeder zur Handlung) kein
ernsthaftes Problem.
Diese Eindeutigkeit in der Gesetzgebung der Vernunft sah Feuerbach dagegen
nicht und zwar deshalb nicht, weil er sich mit dem (Natur-)Recht nicht apriorisch,
sondern empirisch befaßte und deren erscheinende Vielzahl bemerkte und ernst
nahm. Die Vernunft blieb ihm als ein spekulatives aber fast leeres Vermögen
zurück (empirisch), ebenso ihre Beziehung auf Moralität. Sie selbst wurde weithin
von einer transzendentalen in eine empirische gewendet. Daher die Trennung
von Recht und Moralität, daher auch die Unmöglichkeit eines doppelten Frei-
heitsbegriffs im eigentlichen Sinn. Denn Feuerbach behielt die Scheidung Ver-
nunft-Freiheit/Empirie-Notwendigkeit bei, nur verschob er innerhalb des beibe-
haltenen Verhältnisses das transzendentale Vermögen der Vernunft: Weil das
Recht empirisch wird, kann es von der Moral der Sache nach getrennt werden,
aber alle auf das Recht bezogenen Data, insbesondere der Mensch und seine
Handlungen, fallen ebenso in die Notwendigkeit.
Die immanente Kritik kann nun nicht an dieser Verschiebung ansetzen, sondern
nur daran, daß sie für Feuerbach bruchlos nicht möglich war. Denn in seinem
Denken war die praktische Vernunft eben nicht mehr nur das Vermögen, eine
moralische Triebfeder bei den legalen Handlungen zu geben, sondern sie hatte
daneben noch eine eigene Materie, eben den Abschluß des Gesellschafts- und
Staatsvertrages und - wie ich vermute - den Setzungsakt, d. h. die grundsätz-
liche Inhaltsbestimmung des positiven Rechts, dennoch übrig behalten.
81 Anti-Hobbes, S. 19. Zum Anfang des positivistischen Relativismus: Lüderssen
(o. Anm. 8), S. 38.
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Der Begriff der Freiheit ist nicht teilbar. Das Erscheinende aber
unterliegt der Notwendigkeit. Der Gesellschafts- und Staatsvertrag,
insofern er als frei geschlossen gedacht wird, kann mithin seinem
Wesen nach nur ein Geschehnis in der Sphäre des Nichterschienenen
und Nichterscheinbaren sein. In diesem Sinn liegt das Vertragsge-
schehen mitsamt seinen konstitutiven Bedingungen allem erscheinen-
den Handeln voraus. Sie sind darum ebensowenig empirisch wie sie
nicht der Notwendigkeit unterliegen.
Der Grund des Gesetzes kommt daher nur in der praktischen
Vernunft vor81. Ob der Akt der Gesetzgebung der Freiheit oder der
Notwendigkeit zugehöre, darüber hat uns Feuerbach seine Ansicht
leider nicht mitgeteilt. Das Gesetz selbst, einmal in Geltung gesetzt,
ist wieder empirisch, und zwar in seiner Wirkung wie in seiner eige-
nen Existenz. Als solches ist es Gegenstand der empirischen Rechts-
wissenschaft.
tischen Vernunft ein altemativenfreies, also ein eindeutiges Recht vorschreibe,
über dessen Erkenntnis es keinen Zweifel geben könne (von den „positiven
Gesetzen“ im engeren Sinn abgesehen (Metaphysik der Sitten, AB 23, 24 (Wei-
schedel IV S. 331)). Darum war für Kant die weithinnige Überlagerung von Le-
galität und Moralität im Gegenstand (nicht in der Triebfeder zur Handlung) kein
ernsthaftes Problem.
Diese Eindeutigkeit in der Gesetzgebung der Vernunft sah Feuerbach dagegen
nicht und zwar deshalb nicht, weil er sich mit dem (Natur-)Recht nicht apriorisch,
sondern empirisch befaßte und deren erscheinende Vielzahl bemerkte und ernst
nahm. Die Vernunft blieb ihm als ein spekulatives aber fast leeres Vermögen
zurück (empirisch), ebenso ihre Beziehung auf Moralität. Sie selbst wurde weithin
von einer transzendentalen in eine empirische gewendet. Daher die Trennung
von Recht und Moralität, daher auch die Unmöglichkeit eines doppelten Frei-
heitsbegriffs im eigentlichen Sinn. Denn Feuerbach behielt die Scheidung Ver-
nunft-Freiheit/Empirie-Notwendigkeit bei, nur verschob er innerhalb des beibe-
haltenen Verhältnisses das transzendentale Vermögen der Vernunft: Weil das
Recht empirisch wird, kann es von der Moral der Sache nach getrennt werden,
aber alle auf das Recht bezogenen Data, insbesondere der Mensch und seine
Handlungen, fallen ebenso in die Notwendigkeit.
Die immanente Kritik kann nun nicht an dieser Verschiebung ansetzen, sondern
nur daran, daß sie für Feuerbach bruchlos nicht möglich war. Denn in seinem
Denken war die praktische Vernunft eben nicht mehr nur das Vermögen, eine
moralische Triebfeder bei den legalen Handlungen zu geben, sondern sie hatte
daneben noch eine eigene Materie, eben den Abschluß des Gesellschafts- und
Staatsvertrages und - wie ich vermute - den Setzungsakt, d. h. die grundsätz-
liche Inhaltsbestimmung des positiven Rechts, dennoch übrig behalten.
81 Anti-Hobbes, S. 19. Zum Anfang des positivistischen Relativismus: Lüderssen
(o. Anm. 8), S. 38.