10
Harald von Petrikovits
Neben den angeführten drei oder vier Hauptstädten erhielten sich
in Pannonien durch das 5. Jahrhundert auch weitere Städte, meist
Kleinstädte. An der schon erwähnten 'B emsteinstraße’ lagen in der
mittleren Kaiserzeit reiche Handelsstädte. Zu ihnen gehörte Scara-
bantia (Sopron, Ödenburg).10 Durch ungarische Ausgrabungen wur-
den hier einige Befunde des 5. Jahrhunderts aufgedeckt wie 'Wohn-
hütten aus gestampftem Lehm’, ein großes Magazin auf dem Forum,
ein oder zwei Kirchen und Gräber. Interessant ist die Beobachtung,
daß die Bevölkerung auch damals noch die kaiserzeitliche Hypokaust-
technik kannte und anwendete. Erst im 6. Jahrh. ging diese Sied-
lung durch Brand zugrunde. Auch in der Valeria, die durch die offene
Ostfront besonders gefährdet war, erhielt sich städtisches Leben,
wenn auch in beschränktem Umfang. Als Beispiel mag Gorsium
(Täc, rund 10 km südlich Szekesfehervär) angeführt sein, das in der
Spätantike Herculia hieß.11 Es spielte bis in die 70er Jahre des 4. Jahr-
hunderts eine gewisse Rolle, wie verschiedene Neubauten der Zeit
erweisen. Im 5. Jahrh. wurden die Tabemae, die Verkaufsläden an der
Hauptstraße, weiterbenutzt, wurde die Straße neu gepflastert, wurde
in eine Basilika ein Baptisterium eingebaut und wurde ein Gräber-
feld bis zur Mitte des Jahrhunderts weiterbelegt. Außer den ange-
führten Städten führt die ungarische Forschung noch andere Städte
an, in denen sich das Romanentum bis wenigstens in das 6. Jahrh.
erhielt: Bassianae (Petrovce), Singidunum (Belgrad), Mogentianae
(Tüskevär).
Als eine deutliche Spur romanischer Bevölkerung werden von
einigen Forschem Zeugnisse des Christentums aus dem 5. Jahrh. ange-
sehen. Da in dieser Zeit von einer systematischen Germanenmission
nicht gesprochen werden kann - die Bekehrung der Goten durch
Wulfila war ein besonderer Fall -, glaubt man, daß das Christentum
in der Hauptsache auf die ansässige Reichsbevölkerung beschränkt
war. Wahrscheinlich wird man dieser Annahme zustimmen können,
10 K. Sz.-Poczy (s. Anm. 5) 31-33. Dies., Scarbantia. Die Stadt Sopron zur Römer-
zeit (Budapest 1977).
11 J. Fitz, der eigentliche Entdecker dieser Stadt, berichtet regelmäßig über seine
langjährigen Ausgrabungen in der Zeitschrift 'Alba Regia’, die in Szekesfehervär
erscheint. Ders., RE Suppl. 9 (1962) 73-75. Ders. hat mehrere Führer durch die
Ruinenstätte geschrieben, in ungarisch z.B. Gorsium-Herculia. Täc (Budapest
1974), in englisch: Gorsium-Herculia-Täc (Budapest 1973), wahrscheinlich auch
neuere Auflagen.
Harald von Petrikovits
Neben den angeführten drei oder vier Hauptstädten erhielten sich
in Pannonien durch das 5. Jahrhundert auch weitere Städte, meist
Kleinstädte. An der schon erwähnten 'B emsteinstraße’ lagen in der
mittleren Kaiserzeit reiche Handelsstädte. Zu ihnen gehörte Scara-
bantia (Sopron, Ödenburg).10 Durch ungarische Ausgrabungen wur-
den hier einige Befunde des 5. Jahrhunderts aufgedeckt wie 'Wohn-
hütten aus gestampftem Lehm’, ein großes Magazin auf dem Forum,
ein oder zwei Kirchen und Gräber. Interessant ist die Beobachtung,
daß die Bevölkerung auch damals noch die kaiserzeitliche Hypokaust-
technik kannte und anwendete. Erst im 6. Jahrh. ging diese Sied-
lung durch Brand zugrunde. Auch in der Valeria, die durch die offene
Ostfront besonders gefährdet war, erhielt sich städtisches Leben,
wenn auch in beschränktem Umfang. Als Beispiel mag Gorsium
(Täc, rund 10 km südlich Szekesfehervär) angeführt sein, das in der
Spätantike Herculia hieß.11 Es spielte bis in die 70er Jahre des 4. Jahr-
hunderts eine gewisse Rolle, wie verschiedene Neubauten der Zeit
erweisen. Im 5. Jahrh. wurden die Tabemae, die Verkaufsläden an der
Hauptstraße, weiterbenutzt, wurde die Straße neu gepflastert, wurde
in eine Basilika ein Baptisterium eingebaut und wurde ein Gräber-
feld bis zur Mitte des Jahrhunderts weiterbelegt. Außer den ange-
führten Städten führt die ungarische Forschung noch andere Städte
an, in denen sich das Romanentum bis wenigstens in das 6. Jahrh.
erhielt: Bassianae (Petrovce), Singidunum (Belgrad), Mogentianae
(Tüskevär).
Als eine deutliche Spur romanischer Bevölkerung werden von
einigen Forschem Zeugnisse des Christentums aus dem 5. Jahrh. ange-
sehen. Da in dieser Zeit von einer systematischen Germanenmission
nicht gesprochen werden kann - die Bekehrung der Goten durch
Wulfila war ein besonderer Fall -, glaubt man, daß das Christentum
in der Hauptsache auf die ansässige Reichsbevölkerung beschränkt
war. Wahrscheinlich wird man dieser Annahme zustimmen können,
10 K. Sz.-Poczy (s. Anm. 5) 31-33. Dies., Scarbantia. Die Stadt Sopron zur Römer-
zeit (Budapest 1977).
11 J. Fitz, der eigentliche Entdecker dieser Stadt, berichtet regelmäßig über seine
langjährigen Ausgrabungen in der Zeitschrift 'Alba Regia’, die in Szekesfehervär
erscheint. Ders., RE Suppl. 9 (1962) 73-75. Ders. hat mehrere Führer durch die
Ruinenstätte geschrieben, in ungarisch z.B. Gorsium-Herculia. Täc (Budapest
1974), in englisch: Gorsium-Herculia-Täc (Budapest 1973), wahrscheinlich auch
neuere Auflagen.