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Petrikovits, Harald von; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1983, 3. Abhandlung): Die römischen Provinzen am Rhein und an der oberen und mittleren Donau im 5. Jahrhundert n. Chr.: ein Vergleich ; vorgetragen am 15. Januar 1983 — Heidelberg: Winter, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.47811#0021
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Die römischen Provinzen am Rhein

19

So wie Norikum in spätrömischer Zeit in einen grenznahen und
in einen binnenländischen Teil, in zwei Provinzen, getrennt war, war
auch Rätien zweigeteilt. Die Raetia I umfaßte hauptsächlich das
gebirgige Hinterland, während Raetia II Flachland-Rätien war. Schon
um die Mitte des 3. Jahrhunderts hatten die römischen Streitkräfte
das frühere rätisch-obergermanische Provinzialland nördlich der
Donau zugunsten der Alamannen aufgeben müssen und hatten sich
an den Oberrhein, an den Bodensee, die Iller und die Donau zurück-
ziehen müssen. Die Moränenlandschaft und das Hügelland zwischen
Donau und Alpen war den Alamannen, die zwischen der Donau
und etwa dem Main wohnten, vorläufig versperrt. Die bequeme
Ost-West-Verbindung im heutigen Bayern ist im Westen durch den
Schwarzwald, im Osten durch den Böhmerwald und seine bayrischen
Ausläufer begrenzt. Deshalb wendeten sich alamannische Plünderer-
scharen verhältnismäßig selten gegen norisches Gebiet, wie schon
gesagt wurde. Passau und Künzing (Quintana) waren in dieser Lage
einige Zeit lang Bollwerke gegen den Westen. Als Vandalen und
Alanen im Jahr 401 von Osten durch Norikum in Rätien eindrangen,
entschloß man sich in Ravenna zur Abwehr. Ein römisches Heer
war schon in Rätien, als Alarich mit seinen Westgoten Oberitalien
bedrohte. Um diese unmittelbare Gefährdung des Kaisersitzes abzu-
wehren, war der damalige Oberbefehlshaber Stilicho gezwungen,
möglichst viele Truppen aus den Nordwest-Provinzen nach Italien
heranzuholen, unter ihnen auch das rätische Heer. So sehr auch
Rätien unter den verschiedenen feindlichen Einfällen litt, wurde es
doch nicht als Teil des römischen Reiches aufgegeben. Goldmünzen
der Zeit, die an verschiedenen Plätzen der Provinz gefunden wurden,
und eine Inschrift aus Augsburg weisen auf die Anwesenheit römi-
schen Militärs auch noch in den ersten Jahren des 5. Jahrhunderts
hin. Im Jahr 409 besaß ein Comes Generidus, wie schon erwähnt,
ein Kommando über Dalmatien, Pannonien, Norikum und Rätien
'bis zu den Alpen’. Noch im Jahr 430 kämpfte Aetius als Magister
utriusque militiae gegen die Juthungen in Norikum und Vindelizien,
also in Flachland-Rätien. Erst nach dem Tod des Aetius (454) fand
man sich in Ravenna damit ab, daß sich die Alamannen zunächst
westlich des Lech, dann immer mehr in der restlichen Raetia II fest-
setzten. Die Provinzhauptstadt der Raetia II, Augusta (Vindelicum),
lebte im 5. Jahrh. noch fort.31 Dafür spricht das Zeugnis des Venantius
31 W. Hübener, Zum römischen und frühmittelalterlichen Augsburg: Jb. RGZM 5,
1958, 154-238, hier für das 5. Jh. besonders 220-223. L. Weber, Als die Römer
 
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