Metadaten

Petrikovits, Harald von; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1983, 3. Abhandlung): Die römischen Provinzen am Rhein und an der oberen und mittleren Donau im 5. Jahrhundert n. Chr.: ein Vergleich ; vorgetragen am 15. Januar 1983 — Heidelberg: Winter, 1983

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47811#0023
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die römischen Provinzen am Rhein

21

kerung nach der Mitte des 5. Jahrh.34 35 Auch in der Raetia II wissen
wir fast nichts über die ländliche Bevölkerung in dieser Zeit.
Daß der Verwaltungshauptort der Raetia I Curia (Chur) die Jahr-
hunderte der Wirren überdauerte, kann nach Lage der Überlieferung
nicht bezweifelt werden.3:> Für das 5. Jahrh. ist sogar ein Bischof mit
Namen bezeugt, Asinio. Zahlreiche Urkunden erweisen das Fort-
bestehen antiker Einrichtungen in Chur. So ist in der Brief- und
Formelsammlung Cassiodors ein Bestallungsschreiben für einen räti-
schen dux mit dem Titel vzr spectabilis erhalten, aus dem hervor-
geht, daß er mit seinen Truppen die Grenzen des gefährdeten Rätien
(gemeint ist Churrätien) häufig überwachen solle. Wie die Hauptstadt
Chur blieb der größte Teil des Raetia I ein Hort der Romanitas.
Über die ländliche Bevölkerung wissen wir aus sprachgeschichtlichen
Forschungen so viel, daß auch hier auf dem Lande die Alamannen
nicht vor dem 7. Jahrh. Zugang fanden, aber auch dann nicht so
dominierten, daß sie die romanische Sprache verdrängen konnten.
Untersuchungen von Gudrun Schneider-Schnekenburger haben den
archäologischen Nachweis der romanischen Kontinuität auf dem
Lande ebenfalls erbracht.36 Diese Schülerin J. Werners ging von einer
sorgfältigen Analyse des Gräberfeldes von Bonaduz aus, das am
Zusammenfluß von Vorder- und Hinterrhein liegt. In ihm wurde eine
ununterbrochene Belegung durch eine anthropologisch einheitliche
Bevölkerung vom 5. bis zum 7. Jahrh. nachgewiesen.
Im Zuge der Verkleinerung der prinzipatszeitlichen Provinzen
durch Diokletian wurde die alte Provinz Germania superior in die
Provinzen Germania I und Maxima Sequanorum geteilt. Die Ge-
schichte der Maxima Sequanorum im 5. Jahrh. ist besonders wenig in
zusammenfassender Weise behandelt worden, wohl weil das Gebiet
von den Grenzen dreier heutiger Länder zerschnitten wird. Die Nach-
barn der Provinz waren Alamannen. Man würde erwarten, daß die
burgundische Pforte, die das Herzstück der Provinz war, ein Haupt-
einfallsweg der Alamannen gewesen sei. Offenbar war das aber nicht
der Fall. Nach den Forschungen zweier französischer Historiker soll
34 Zu Passau: R. Christlein, in: Wemer-Ewig, Spätantike 123 mit Anm. 67. Ders.,
Ausgrabungen im römischen Batavis unter der Klosterkirche Niedemburg zu
Passau, in: Das archäologische Jahr in Bayern 1980, 126.
35 O. P. Clavadetscher, Churrätien im Übergang von der Spätantike zum Mittel-
alter nach den Schriftquellen, in: Wemer-Ewig, Spätantike 159-178.
36 G. Schneider-Schnekenburger, Raetia I vom 4. bis 8. Jahrh. auf Grund der Grab-
funde, in: Wemer-Ewig, Spätantike 179-191.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften