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Burkert, Walter; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 1. Abhandlung): Die orientalisierende Epoche in der griechischen Religion und Literatur: vorgetragen am 8. Mai 1982 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47812#0034
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Walter Burkert

bilder werden gelegentlich importiert32. Doch auch die Göttergewänder der realen
Statuen, die nun in den neu errichteten Tempeln ihren Platz finden, sind dem
Luxus des Orients nachgebildet, nicht anders als Heras Ohrgehänge in der Ilias;
dies gilt insbesondere für das rechteckig unterteilte Gewand der Artemis von
Ephesos, auch für die 'Rückentänie’ ihres Kopfschmucks und die Wollbinden in
ihren Händen33. Noch unmittelbarer in den Kult greifen anscheinend die Masken
ein, die nun in griechischen Heiligtümern geweiht werden, auf Samos wie vor allem
bei Ortheia in Sparta; ihre groteske Gestaltung knüpft an orientalische 'Humbaba’-
Masken an34. Orientalisch ist auch die Form der Omphalos-Schale, die für die
Libation im griechischen Gottesdienst nun allgemein in Gebrauch kommt35 36 37, und
erst recht bleibt der Weihrauch, der im Götterkult üblich wird, orientalischer Im-
port, wie auch die Namen Λίβανος und μύρρα anzeigen30.
Entsprechend dem Bild, das die Odyssee von den Φοίνικες zeichnet, den Män-
nern von Sidon, die kostbare Metallgefäße herstellen und den Seehandel, bei
Gelegenheit auch Seeraub betreiben, hat man früher in den phönikischen Händ-
lern die eigentlichen Vermittler und Zwischenträger der orientalischen Importe
nach Griechenland gesehen. Beloch hat dann versucht, die Phöniker aus der
Ägäis zu verdrängen, indem er auf dem Fehlen phönikischer Keramik insistierte.
Mit der Ausgrabung von Al Mina trat der selbständige Vorstoß der Griechen nach
Osten in den Blick. Doch lassen sich inzwischen auch Phöniker zumindest auf
Kos und Rhodos deutlich fassen^7. Das Ausgreifen der Griechen und der Phöniker

32 Ein assyrisches Götterbild, mit polosartiger Kopfbedeckung, Epoche Sargons II., in
Samos, Jantzen (1972) B 165 T. 69, vgl. Herrmann Gnomon 47 (1975) 398; Helck (1979)
184-6; vgl. auch Kranz (1972).
33 Oppenheim (1949); Fleischer (1973) 96; Börker-Klähn (1973) 45. Zur 'Rückentänie’ Flei-
scher 50f., Burkert (1975) 63 (zu dem Köpfchen von Amyklai). - Die keppe der Istar,
Höllenfahrt 27 (ANET 107) deutet B. Landsberger WZKM 56 (1960) 121-4; 57 (1961)
23 als 'Springseil’ mit Verweis auf Siegelbilder wie Ward (1910) nr. 912-23. Diese Kette
ist zunächst der Gewandsaum der sich entschleiernden Göttin, Helck (1971) 112f. Die
Verbindung vom 'Springseil’ zu den Binden, die die Göttin von Ephesos und Samos
hält (vgl. Fleischer 102-11), drängt sich auf.
34 Zu mesopotamischen und syrisch-phönikischen Masken, die sich auch in Gräbern finden,
R. D. Barnett in: Elements (1960) 147f.; A. Parrot Ugaritica VI (1969) 409-18; S. Mos-
cati in: Near Eastern Studies in Honour of W. F. Albright (1971) 356f.; 362f; H. Kühne,
Rätselhafte Masken - Zur Frage ihrer Herkunft und Deutung, Bagd. Mitt. 7 (1974)
101-10; E. Stern, Phoenician Masks and Pendants, Palestine Exploration Quart. 108 (1976)
109-18. - Samos: H. Walter, Das griechische Heiligtum. Heraion von Samos (1965) 28. -
Ortheia: R. Μ. Dawkins, The Sanctuary of Artemis Orthia, JHS Suppl. 5 (1929) 163-86
T. 47-62. - Boardman (1981) 88. - Humbaba-Maske in Gortyn -* II 2, 23.
35 H. Luschey, Die Phiale (1939); Herrmann (1975) 309; Boardman (1981) 76-79.
36 - I 4; Masson (1967) 53-6; Burkert (1977) 110.
37 Zu Beloch -* Einleitung Anm. 15; zu Kreta und Cypern I 1 Anm. 4; 6; zu den Phö-
nikern Dunbabin (1957) 35-43; Ward (1968); Edwards (1979); wichtig Coldstream (1969)
 
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