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Burkert, Walter; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 1. Abhandlung): Die orientalisierende Epoche in der griechischen Religion und Literatur: vorgetragen am 8. Mai 1982 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47812#0035
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Die orientalisierende Epoche

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aufs Mittelmeer scheint früh schon nebeneinander und in Konkurrenz zueinan-
der zu verlaufen; während man aber zunächst, wie früh schon die Assyrer, am
fremden Ort nur eine Art 'Handelskontore’ - assyrisch kam - einrichtete, be-
gannen die Phöniker in Kition und Karthago, die Griechen in Unteritalien und
Sizilien mit Städtegründungen, 'Kolonien’, was zu neuen Formen konkurrierender
Machtpolitik führte.
Doch waren die Handelsbeziehungen, die erst von den Phönikem, dann von
den Euböem in Gang gesetzt wurden, nicht der einzige Kanal für gegenseitige
Kontakte. Intimerer Kulturaustausch spielte sich auf der Ebene handwerklicher
Fertigkeiten ab. Man rechnet seit langem damit, daß seit dem ausgehenden
9. Jh. orientalische Handwerker in griechische Städte einwanderten und dort ihre
Fertigkeiten schließlich an Griechen Weitergaben; in den argen Zeiten der assy-
rischen Eroberungen ist vor allem mit Flüchtlingen zu rechnen. Im Detail hat dies
vor allem für Kreta John Boardman nachzuweisen unternommen. Er verweist auf
drei Gruppen von Befunden: Goldschmiede und Gemmenschneider in Knossos,
die ein minoisches Tholos-Grab wieder in Benutzung nahmen und, um 800,
durch ein Gründungsopfer orientalischen Stils sich weihten; dann jene Werkstatt
von Bronzeschmieden, die das Tympanon und die Bronzeschilde für die Ida-
Höhle schufen; schließlich Gräber syrischen Typs, wie er bei Karkemis bezeugt
ist, in Afrati, Zentralkreta, aus der 1. Hälfte des 7. Jh. Gerade diese Gräber, doch
auch die Halbfabrikate im 'Grab des Goldschmieds’ sind überzeugende Indizien
für Einwanderung, und mit den assyrischen Vorstößen treffen Fluchtbewegungen
vor 800 und wieder um 700 einleuchtend zusammen38.
Der eigentliche Beweis dafür, daß bei den 'orientalisierenden’ Produkten nicht
nur ein Handel mit beliebigen Zwischengliedern, sondern ein Verhältnis des
Lehrens und Lernens in direktem Kontakt im Spiele ist, liegt in der Übernahme
neuer Techniken, die sich nicht einfach aus dem Erwerb fertiger Produkte er-
geben. Dies betrifft neben der Elfenbeinschnitzerei die Goldschmiede- und Stein-
schneidekunst39 und besonders verschiedene Formen der Bronzetechnik, die Treib-
arbeit (σφυρήλατον) wie den Guß mit 'verlorenem Kern’; wenn dabei an Stelle
eines Alphaltkems ein Harz-Kleie-Kem tritt, sieht man, wie Handwerker sich
neuen Bedingungen kreativ anpassen40. Auch die schlichte, aber ungemein frucht-
bare Technik des Abformens von Tonfiguren nach Matrizen stammt aus Mesopota-
und Muhly (1970); umfassende Orientierung: Bunnens (1979); Niemeyer (1982), darin
insbes. Coldstream (1982).
38 Barnett (1948) 6; P. Jacobsthal JHS 71 (1951) 91-3; Dunbabin (1957) 40f; 49; Board-
man (1961) 150f.; (1967) bes. 63-7; (1970) 14-25; (1980) 61-69; Greifenhagen (1965)
127; 136; Coldstream (1968) 348f.; van Loon (1974); Murray (1982) 81.
39 Greifenhagen (1965); Boardman (1981) 70f; Coldstream (1982) 266.
40 Van Loon (1974) 23; Boardman (1981) 62f. mit Anm. 73: „solche Techniken können
nicht durch Beobachtung erlernt werden...“.
 
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