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Burkert, Walter; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 1. Abhandlung): Die orientalisierende Epoche in der griechischen Religion und Literatur: vorgetragen am 8. Mai 1982 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47812#0047
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Die orientalisierende Epoche

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let4 allein schon die 15 semitischen Buchstabennamen sind dabei vergessen.
Emilie Masson hat dann in ihrer durchaus restriktiven, kritischen Arbeit (1967)
immerhin 37 sichere und 12 mögliche semitische Wörter im Griechischen fest-
gestellt, Szemerenyi konnte mit leichter Hand ein weiteres Dutzend hinzufügen;
an weiteren Versuchen fehlt es nicht5. Manches davon bedarf der Überprüfung,
anderes wird noch zu finden sein. Soviel steht fest: die semitischen Lehnwörter
im Griechischen sind durchaus vorhanden.
Freilich haben entdeckungsfreudige Dilettanten in diesem Bereich viele Unvor-
sichtigkeiten begangen, während der Minimalismus der Kritiker den Vorteil
strenger Methodik genießt: hier strenge Lautgesetze, dort die verdächtigen Kling-
Klang-Etymologien. Doch eben die Methode ist hier das Problem. Das Griechi-
sche, zumindest das literarische Griechisch, das wir kennen, ist gegenüber unan-
gepaßten Fremdwörtern ausgesprochen abweisend; allenfalls in assimilierter Form,
als Lehnwörter, an Lautbestand und Flexion voll angepaßt, werden sie zugelas-
sen. Nun gibt es aber schlechthin keine Methode, Lehnwörter aufzudecken: sie
treiben Mimikry, indem sie sich nach einheimischen Bedeutungsträgem und Suf-
fixen richten, und können in der Regel nur von Fall zu Fall auf Grund ent-
sprechend detaillierter Dokumentation dingfest gemacht werden6. Wer sieht es der
deutschen 'Hängematte’ an, daß das Wort aus einer Indianersprache stammt?
Erst auf den zweiten und dritten Blick wird auch dem Laien einleuchten, daß
es doch eigentlich keine 'Matte’ ist, was da 'hängt’. Hier spielt die volksetymo-
logische Umdeutung; es lassen sich keine Lautgesetze aufstellen, und auch die
Bedeutungsentsprechung ist selten perfekt, halbe Mißverständnisse sind durchaus
zu erwarten. So scheint der Fall fürs 8. Jh. v. Chr. vollends hoffnungslos zu we-
den: die griechische Dokumentation ist spärlich, zudem fast ganz auf den sehr
speziellen Bereich der epischen Kunstsprache beschränkt, die aramäisch-phöniki-
sche Dokumentation ist größtenteils verloren. Freispruch aus Mangel an Beweisen
wird im Einzelfall immer wieder das Ergebnis der Untersuchung sein - und doch
ergibt dann die allgemeine Wahrscheinlichkeitsüberlegung, daß ein so gewonne-
nes Resultat des Minimalismus absolut falsch sein muß. Die Mafia der Lehn-
4 O. Hoffmann, A. Debrunner, Geschichte der griechischen Sprache I3 (1953) 18; «n’atteint
sans doute pas la dizaine» A. Meillet, Apercu d’une histoire de la langue grecque (19354)
56 = (19657) 59; „ein schwaches Dutzend“ in der deutschen Übersetzung, Geschichte
des Griechischen (1920) 56.
3 Masson (1967) mit Übersicht über die älteren Studien (11-18); ferner Hemmerdinger
(1970); Krause (1970) (unselbständig); Brown (1965); (1968); (1969); Salonen (1974);
Szemerenyi (1974) und Gnomon 53 (1981) 113-6.
6 Vgl. L. Deroy, L’emprunt linguistique (1965); R. Schmitt, Probleme der Eingliederung
fremden Sprachguts in das grammatische System einer Sprache, Innsbrucker Beiträge
zur Sprachwissenschaft 11, 1973. Als Beispiel für die Vielschichtigkeit und Vielgestaltig-
keit kultureller Entlehnungen vgl. H. u. R. Kahane, Byzantium’s Impact on the West:
The Linguistic Evidence, Illinois Classical Studies 6 (1981) 389-415.
 
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