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Burkert, Walter; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 1. Abhandlung): Die orientalisierende Epoche in der griechischen Religion und Literatur: vorgetragen am 8. Mai 1982 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47812#0101
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Die orientalisierende Epoche

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Enuma elis sind dies die Anhänger der Tiamat, in anderen Texten die bösen
'Sieben’, die der Himmelsgott gebunden hat - und in der orphischen Tradition
sind auch die Titanen, die Söhne von Himmel und Erde, eben 'sieben’25.
Die bösen 'Sieben’ gehören vor allem in den Bereich von Beschwörung und
Abwehrzauber. Dies führt auf eine weitere Beziehung: im Abwehrzauber werden
immer wieder Figuren hergestellt, freundliche und vor allem feindliche, die sich
dann zerstören lassen. Das bequemste Material ist Lehm, /z7; dieses Wort ist als
τίτανος ‘Gips’ auch zu den Griechen gelangt26. Spätere Autoren haben eben
dieses Wort als Etymologie für die 'Titanen’ herangezogen: als die Titanen das
Dionysoskind überfielen, machten sie ihre Gesichter durch Gips unkenntlich;
daher ihr Name27. Innergriechisch fällt diese Etymologie durch die Feststellung,
daß das i von Τιτηνες lang, von τίτανος dagegen kurz ist; das semitische Grund-
wort aber hat langes i, so daß mit der Hypothese der Entlehnung auch ein Zu-
sammenhang beider Wörter wieder plausibel wird. Es bietet sich so eine rituelle
Etymologie an: die Titanen tragen ihren Namen als '/zY-Volk’28, weil mesopotami-
sche Magier die 'überwundenen Götter’, die man doch zu Schadenzauber, Abwehr-
zauber oder auch als Eidesgaranten braucht, als Lehmfiguren, salme tit29, dar-
zustellen pflegten. Diese Hypothese zu verifizieren, fehlt es jedoch an spezifi-
schem Material.
Eine andere, literarische Übertragungshypothese ist ihr vielleicht überlegen:
Beide Passagen, die so merkwürdig in der Διός άπάτη widerhallen, stammen je
vom Anfang eines besonders bekannten und vielgebrauchten mythischen Textes,
Atrahasis und Enuma elis. Nun ist bekannt, daß im Schulunterricht die mythologi-
schen Texte herangezogen wurden30, und dabei fällt das Schwergewicht natur-
gemäß auf den Anfang der Lektüre. Die betreffenden Passagen dürften also fast
eine ähnliche Rolle gespielt haben wie das ανδρα μοι έννεπε in unseren Gymna-
sien. Ein lemwilliger Grieche, auf welchen Wegen immer und möglicherweise
auch indirekt über aramäische Texte, hatte also Chancen gerade mit diesen Texten
konfrontiert zu werden, auch wenn er nicht eben weit in der Lektüre fortzu-
schreiten Gelegenheit hatte. Eine Schultradition, wenn auch auf elementarem
des Enmesarra, die Anu 'gebunden’ hat). Vgl. B. Landsberger, J. V. Kinnier Wilson
JNES 20 (1961) 178f.
25 Orph. Fr. 114.
26 - I 4, 22; III 5.
27 Eust. 332, 24-8; A. Dieterich RhM 48 (1893) 280 = Kleine Schriften (1911) 121; J. E. Har-
rison, Prolegomena to the Study of Greek Religion (19223) 491-3; L. R. Farnell,
The Cults of the Greek States V (1909) 172.
28 E. Assmann, Titaia, Titanen und der Tartaros, Babyloniaca 6 (1912) 236-9; Astour
(1965) 196, 3.
29 salam..sa tTti Ebeling (1931) 76, nr. 20, 4 vgl. 138, nr. 30 C 4; Orientalia 10 (1942)
69f. - Aus tit sind die Menschen gebildet worden, Atrahasis I 203; Zimmern (1901)
158f. nr. 48, 1.
30 Reiner (1978) 157.
 
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