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Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 3. Abhandlung): Die Evangelienüberschriften: vorgetragen am 18. Oktober 1981 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47814#0014
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Martin Hengel

Unterstützt wird die Langform auch durch die altlateinische Über-
setzung, die vermutlich im letzten Viertel des 2. Jh.s entstand17, sowie
durch die koptischen Versionen. Abgeschlossen wird die Reihe der
Zeugen durch den übereinstimmenden Sprachgebrauch bei Irenäus
in Lyon und wenig später bei Clemens von Alexandrien, dem Canon
Muratori in Rom}* und Tertullian in Karthago. Auffallend ist dabei
die völlige Einheitlichkeit der vier Evangelientitel bei einer sich über
das ganze römische Reich erstreckenden Verbreitung schon gegen
Ende des 2. Jh.s von Lyon bis Karthago und bis in die ägyptische
Chora.
Diese Einheitlichkeit der Bezeugung der Evangelienüberschriften,
die in dieser frühen Zeit noch keinerlei Varianten kennt, schließt
eine späte Entstehung ab der Mitte des 2. Jh.s von vornherein aus.
Auch eine Verbindung mit der Fixierung des „Vierevangelienkanons“,
der erstmals mit der Evangelienharmonie des Syrers Tatian kurz
nach 170 und dann wenig später bei Irenäus deutlich sichtbar wird,
aber ebenfalls älter sein kann, ist unwahrscheinlich. Der Vierer-
kanon hat sich erst relativ spät wirklich eindeutig abgegrenzt. Der
Apologet Justin, der Lehrer Tatians, um 150 in Rom, kennt zwar das
Johannesevangelium, zitiert es aber nur einmal in relativ freier Weise19.
P. Bare. Inv. 1 + P. Magdalen College, Oxford Gr. 18 + P. Paris, Bibi. Nat.
Suppl. Gr. 1120). Der Papyrus ist “on palaeographical grounds” (23) dem späteren
Teil des 2. Jh.s zuzuschreiben. Der Text ist in ähnlicher Weise bereits in Ab-
schnitte eingeteilt wie der Papyrus Bodmer von Lk und Joh. “Once again we
find in a manuscript of this early period a characteristic that appears to be not
specifically Egyptian but of wider application” (23). Dies weist auf eine feste,
verbreitete christliche Schreiberpraxis im 2. Jh. hin, s.u. S. 40ff.
17 Itala. Das Neue Testament in altlateinischer Überlieferung (ed. A. Jülicher),
I. Matthäusevangelium, 21972, 1:
g1: Initium evangelii secundum Matthm (sic)
q: Initium sancti evangelii secundum Matheum
k = Afra: Incipit cata Mattheum feliciciter (sic).
Vgl. die Subscriptiones S. 214.
18 Ed. E. Preuschen, Analecta, Kürzere Texte zur Geschichte der Alten Kirche und
des Kanons, II. Teil. Zur Kanonsgeschichte, 21910, 27, Z. 2: tertio euangelii
librum (!) secundo lucan. Hier wird anscheinend das Evangelium als eine Schrift
mit verschiedenen Büchern betrachtet. Vgl. jedoch den Plural euangeliorum 27,
Z. 9 und 28, Z. 17.
19 Apol. 61,4 = Joh 3,3-5; dazu W. von Loewenich, Das Johannes-Verständnis im
zweiten Jahrhundert, BZNW 13, 1932, 39-50 (47): „unter allen der deutlichste
Beweis für eine Bekanntschaft mit Joh.“. Sein Schüler Tatian legt dagegen das
4. Evangelium dem Aufbau seines Diatessarons zugrunde.
 
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