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Jüngel, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 1. Abhandlung): Glauben und Verstehen: zum Theologiebegriff Rudolf Bultmanns; vorgetragen am 20. Okt. 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47815#0069
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Glauben und Verstehen

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müssen meinte, wäre aber die Selbstaufhebung des Glaubens. Denn
ein „Glaube, der bei sich selbst verweilt, ist so wenig Glaube, wie eine
Liebe, die bei sich selbst verweilt, Liebe ist“214. Das Sich-selbst-Verste-
hen, das der Glaube impliziert, ist also das genaue Gegenteil eines Bei-
sich-selbst-Verweilens. Ereignet sich das Selbstverständnis des Glau-
bens, dann ereignet sich vielmehr das Leben eines Christenmenschen,
der nach Luthers bekannter Erklärung nicht „ynn yhm selb“ lebt, „son-
dern ynn Christo und seynem nehstenn, ynn Christo durch den glau-
ben, im nehsten durch die liebe: durch den glauben feret er über sich
yn gott, auß Gott feret er widder unter sich durch die liebe, und bleibt
doch immer ynn gott und göttlicher liebe“215. Oder in Bultmanns knap-
per Sprache: „Er lebt immer von anderem her ,..“216

214 Ebd.
215 M. Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen. 1520, WA 7, 38, 6-10 (= BoA
2, 27, 18-22).
216 R. Bultmann, Theologische Enzyklopädie, 143.
 
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