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Dihle, Albrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1986, 3. Abhandlung): Die Entstehung der historischen Biographie: vorgetragen am 26. Apr. 1986 — Heidelberg: Winter, 1987

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https://doi.org/10.11588/diglit.48146#0078
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Albrecht Dihle

Verknüpfung kirchen- und profangeschichtlicher Ereignisse zu finden ist, liegt frei-
lich einfach daran, daß das Römerreich seit Konstantin ein christlicher Staat war,
der Kaiser also eine für das kirchliche Leben entscheidende Person.
Eusebios’ Programm, das oben beschrieben wurde, enthält mehrere Punkte,
deren Behandlung in biographischer Form sich anbietet, und dementsprechend
erhält der Leser umfangreiche Informationen über das Leben von Bischöfen, Mär-
tyrern, Theologen. Aber das hält sich im Rahmen einer Präsentation des vielschich-
tigen Materials, ohne daß darin die Geschichtsauffassung des Verfassers in beson-
derer Weise zur Geltung käme.
Anders liegen die Dinge jedoch im 6. Buch der Kirchengeschichte. Seine 46
Kapitel scheinen fast ganz dem Leben und Werk des Origenes gewidmet zu sein:
Origenes’ Herkunft und Jugend wird im 2. Kapitel, sein Leiden während der decia-
nischen Verfolgung im 39. Kapitel ausführlich erzählt, sein Tod im 1. Kapitel des
folgenden Buches notiert.
Die ausführlichen Berichte über Herkunft und Familie des Origenes, seine
kirchlichen und literarischen Tätigkeiten, seine Schüler, Korrespondenten und Rei-
sen, seine Erfahrungen und Leiden sind über das ganze Buch verteilt. Das hat natür-
lich zunächst chronologische Gründe, etwa im Hinblick auf die Entstehung seiner
im einzelnen aufgeführten Schriften. Doch ist die chronologische Ordnung nicht
durchgehend eingehalten und wird beispielsweise im langen Abschnitt über seine
Schüler (6,4-5) durchbrochen. Wichtiger für ein Verständnis des Aufbaus dieses
Buches, der von dem der übrigen ab weicht, ist aber der Umstand, wie die einzelnen
Origenes-Abschnitte mit dem übrigen kirchengeschichtlichen Stoff verknüpft sind.
Fast durchweg geschieht das nämlich in der Weise, daß man ausführlich über Ori-
genes’ Brief- oder Diskussionspartner, Vorgänger oder Schüler, Förderer oder
Gegner unterrichtet wird, daß die dogmen- oder kirchengeschichtlichen Ereignisse
im Hinblick auf den Anteil erzählt werden, den Origenes an ihnen hatte. So erfährt
man z. B. anläßlich des Berichtes über Origenes’ alexandrinische Lehrtätigkeit
ziemlich viel über die sog. Katechetenschule von Alexandrien, insbesondere über
Klemens (6,6; 13/14), obwohl davon schon im vorhergehenden Buch, und zwar an
chronologisch richtiger Stelle, die Rede gewesen ist. Origenes’ Name erscheint in
der Reihe der bischöflichen Märtyrer der Verfolgung des Decius (6,39), obgleich er
in strengem Sinn nicht den Märtyrertod starb. Die Sekte der Elkesaiten erscheint
nur im Zusammenhang ihrer Erwähnung durch Origenes (6,38), obgleich sie nach
dem Zeugnis des Hippolytos (Ref. 9, 13,1) viel älter war. Julius Africanus, als
Chronograph ein Vorgänger des Eusebios, wird in der Kirchengeschichte nur als
Briefpartner des Origenes (6,31) erwähnt u. a. m.
Unverkennbar herrscht also im 6. Buch ein Bestreben, möglichst viele kirchlich
bedeutsame Ereignisse und Gestalten der ersten Hälfte des 3. Jh. unmittelbar zur
Person des Origenes in Beziehung zu setzen. Erst diese Tendenz macht den Aufbau
des Buches recht verständlich. Die Nachrichten über Leben und Werk des großen
 
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