Symmetrie im Spiegel der Antike
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‘der Kanon’ auch eine theoretische Studie gewidmet52. Daß mit dieser
fundamentalen Neuerung, die sich allmählich vollzog, der strengen
Symmetrie in der Kunst (in unserem Wortsinn) ein für allemal der
Abschied gegeben wäre, ist jedoch keineswegs der Fall53 - ein Zeichen
für die allmählich gewonnene Sicherheit der Griechen im Ausleben
der ihnen eingeborenen Anlagen, was eben eine Toleranz gegenüber
Fremdeinflüssen nicht ausschloß, die man sich vielmehr maßvoll zu
assimilieren verstand. So zdigen die mächtigen Firstakrotere des Par-
thenon eine volle Entsprechung der Seitenteile, und noch an rotfigu-
rigen Vasen kann man beobachten, daß ein pflanzliches Schlingwerk,
das die Rückseite des Gefäßes von oben bis unten überspinnt, sich in
zwei Hälften spalten läßt, die sich aufs genaueste decken. Ähnliches
gilt von den berühmten ‘Augenschalen’ (Abb. 14). In manchen Fällen
14 Sogen. Augenschale. Houston.
Nach: John Boardman, Schwarzfigurige Vasen 1981, Abb. 176
52 G. A. S. Snijder, Het Ontstaan van de Proportie-Kanon bij de Grieken 1928. Vgl. a.
B. Schweitzer, Xenokrates, aO. S. 121 unten; derselbe, Das Problem der Form ...
In: Handbuch der Archäologie I2 1969, S. 184 m. Anm. Ferner F. Hiller, Marbur-
ger Winckelmanns-Programm 1965, S. IfF. H. v. Steuben, Der Kanon des Polyklet
1973, und in Auseinandersetzung mit ihm Hanna Philipp, Zum Kanon des Poly-
klet. In: Wandlungen. Festschr. f. E. Homann-Wedeking 1975, S. 132ff. (Hinweis
von P. Hommel). Vgl. jetzt auch H. Götze aO. (Anm. 9) a) 14 = b, 72.
53 Hierzu: A. v. Salis aO., S. 187fF. Ein gewisser ‘heraldischer Stil’ hält sich vor allem
bei wappenähnlichen Darstellungen auf Münzen, so z. B. auf den Rückseiten einer
ganzen Serie von Silbermünzen aus Tlos in Lykien um 385 v. Chr. mit zwei ‘heral-
dischen’ Löwen: E. Babelon, Traite des monnaies grecques et romaines II Taf.
102,11 und Sylloge Nummorum Graecorum, Sammlung v. Aulock (Lykien, 1964)
Taf. 138, Nr. 4185-90.
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‘der Kanon’ auch eine theoretische Studie gewidmet52. Daß mit dieser
fundamentalen Neuerung, die sich allmählich vollzog, der strengen
Symmetrie in der Kunst (in unserem Wortsinn) ein für allemal der
Abschied gegeben wäre, ist jedoch keineswegs der Fall53 - ein Zeichen
für die allmählich gewonnene Sicherheit der Griechen im Ausleben
der ihnen eingeborenen Anlagen, was eben eine Toleranz gegenüber
Fremdeinflüssen nicht ausschloß, die man sich vielmehr maßvoll zu
assimilieren verstand. So zdigen die mächtigen Firstakrotere des Par-
thenon eine volle Entsprechung der Seitenteile, und noch an rotfigu-
rigen Vasen kann man beobachten, daß ein pflanzliches Schlingwerk,
das die Rückseite des Gefäßes von oben bis unten überspinnt, sich in
zwei Hälften spalten läßt, die sich aufs genaueste decken. Ähnliches
gilt von den berühmten ‘Augenschalen’ (Abb. 14). In manchen Fällen
14 Sogen. Augenschale. Houston.
Nach: John Boardman, Schwarzfigurige Vasen 1981, Abb. 176
52 G. A. S. Snijder, Het Ontstaan van de Proportie-Kanon bij de Grieken 1928. Vgl. a.
B. Schweitzer, Xenokrates, aO. S. 121 unten; derselbe, Das Problem der Form ...
In: Handbuch der Archäologie I2 1969, S. 184 m. Anm. Ferner F. Hiller, Marbur-
ger Winckelmanns-Programm 1965, S. IfF. H. v. Steuben, Der Kanon des Polyklet
1973, und in Auseinandersetzung mit ihm Hanna Philipp, Zum Kanon des Poly-
klet. In: Wandlungen. Festschr. f. E. Homann-Wedeking 1975, S. 132ff. (Hinweis
von P. Hommel). Vgl. jetzt auch H. Götze aO. (Anm. 9) a) 14 = b, 72.
53 Hierzu: A. v. Salis aO., S. 187fF. Ein gewisser ‘heraldischer Stil’ hält sich vor allem
bei wappenähnlichen Darstellungen auf Münzen, so z. B. auf den Rückseiten einer
ganzen Serie von Silbermünzen aus Tlos in Lykien um 385 v. Chr. mit zwei ‘heral-
dischen’ Löwen: E. Babelon, Traite des monnaies grecques et romaines II Taf.
102,11 und Sylloge Nummorum Graecorum, Sammlung v. Aulock (Lykien, 1964)
Taf. 138, Nr. 4185-90.