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Wolf, Joseph Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1988, 2. Abhandlung): Das Senatusconsultum Silanianum und die Senatsrede des C. Cassius Longinus aus dem Jahre 61 n. Chr.: vorgetragen am 17. Jan. 1987 — Heidelberg: Winter, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.48153#0012
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Joseph Georg Wolf

der 50er Jahre als Prokonsul die Provinz Asia verwaltet. Im Amt des
Stadtpräfekten war er vermutlich seit 56. Er war der erste Konsular
seines Namens und offenbar ein Aufsteiger. Er war reich und verbarg
seinen Reichtum auch nicht.9 Der Sklave, der ihn zur Nachtzeit im
Schlafgemach tötete, war einer von 400, die sich zu dieser Stunde sub
eodem tecto10, in seinem Palast oder auf seinem Anwesen, aufhielten.11
Es ist diese Zahl, die das folgende Geschehen zu einem grauenhaften
Ereignis machte. Denn durch die Tat des einen waren sie alle der
Todesstrafe verfallen. Und es gab kein Erbarmen. Sie hatten schon die
Folter erlitten, als sie zur Kreuzigung geführt wurden. Eine Posten-
kette von Soldaten sicherte die Straßen. Denn die Stadt war in Auf-
ruhr. Einmal hatte die Menge die Exekution verhindert. Aber der
Senat lehnte eine Begnadigung ab. C. Cassius Longinus, einer der
berühmtesten Juristen seiner Zeit, war der Wortführer der Mehrheit,
die auf strikter Anwendung des Gesetzes bestand.
2. Das Gesetz war das senatus consultum Silanianum aus dem Jahre 10
n. Chr.12 Es sah die Bestrafung der Sklaven vor, die im Zeitpunkt der

9 Auf Leute wie ihn zielt offenbar Sen. epist. 110.17.
10 Zu dieser Klausel A. 13,43.
11 Die familia urbana des Pedanius Secundus ist die einzige, deren Zahl wir kennen.
Mit einer familia von auch 400 (oder mehr) Haussklaven brüstet sich Pedanius’
Zeitgenosse Trimalchio: Petron. 47.12; dazu R. Duncan-Jones, The Economy of
the Roman Empire (Cambridge 1974) 240. Die Funktionen der familia urbana in
einem vornehmen Haus verzeichnet Marquardt-Mau, Das Privatleben der Römer
(1886, Nachdr. 1964) 142f., 153. Vor einer Überschätzung ihres üblichen Umfangs
warnt Westermann, RE Suppl. 6 (1935) 1000 f., und The Slave System of Greek
and Roman Antiquity (Philadelphia 1955) 88; s. dazu jedoch P. A. Brunt, JRS 48
(1958) 165, und Italian Manpower (Oxford 1971) 125. Als ein Ergebnis der römi-
schen Expansionspolitik beschreibt den enormen Anstieg der Sklavenzahlen in Rom
und Italien seit dem 2. Jh. v. Chr. K. Hopkins, Conquerers and Slaves (Cambridge
1978) 102f., lllf.
12 Das Datum ist nicht bezeugt, der Schluß auf das Jahr 10 n. Chr. aber gut begründet;
vgl. Dalla 35 f.; D’Ippolito 51 f. I. Kajanto, Arctos 6 (1970) 43 f., zieht auch die
Jahre 17 und 25 v. Chr. in Betracht; auch in diesen Jahren war ein Silanus Konsul.
Das Silanianum gehört aber schon zu den Senatsbeschlüssen, die (vielleicht erst seit
dem 2. Jh. n. Chr.) von den Juristen, wie seit alters und offiziell die Volksgesetze,
nach dem Magistrat benannt werden, der sie eingebracht hat. Die Kompetenz des
Senats für den Gegenstand des Silanianum ist dagegen kein Kriterium: In der
Gesetzgebung tritt der Senat an die Stelle der (von Augustus wiederbelebten) Komi-
tien erst seit den letzten Jahren des Tiberius; aber der Gegenstand des Silanianum
war nicht der Komitialgesetzgebung vorbehalten. Das Silanianum war eine ‘sicher-
heitspolizeiliche Verordnung’, eine Direktive an die Obermagistrate, die einer
 
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