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Wolf, Joseph Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1988, 2. Abhandlung): Das Senatusconsultum Silanianum und die Senatsrede des C. Cassius Longinus aus dem Jahre 61 n. Chr.: vorgetragen am 17. Jan. 1987 — Heidelberg: Winter, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.48153#0035
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Das Senatusconsultum Silanianum

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nicht unbemerkt geschehen.117 Immer also gibt es Mitsklaven, die den
Plan verraten oder verhindern könnten. Und nur wenn sie ihn verra-
ten, „können wir als einzelne unter vielen, in Sicherheit unter Angster-
füllten leben“. Im äußersten Fall aber sorgt das Gesetz immerhin
dafür, daß wir nicht ungerächt bleiben.118 So Cassius.
Man hat angenommen, Cassius begründe hier die Sanktion des
Gesetzes mit einer allgemeinen Schuldvermutung119; habe ein Sklave
seinem Herrn keine Hilfe geleistet, sei zu vermuten, daß er die Hilfe-
leistung schuldhaft unterlassen habe.120 Ich glaube nicht, daß Cassius
an eine allgemeine Schuldvermutung denkt; und auch der Gesetzgeber
hat es wohl nicht getan; denn Cassius berichtet vermutlich die authenti-
sche Begründung. Er sagt klar und deutlich, daß es sub eodem tecto
immer einen gibt, der den Tatplan verraten oder dem dominus zu
Hilfe eilen kann. Das ist auch plausibel. Seine Hilfeleistung kann nur

117 Multa sceleris indicia praeveniunt (44.2). Die vorausgehenden Fragen sollen diese
Feststellung begründen. Auf ihr baut die Argumentation auf. Sie besteht aus einem
argumentum a causis oder ex efficientibus (Quint, inst. 5.10.80): Das Gesetz müßte
beschlossen werden (= darf nicht durch eine Begnadigung praktisch aufgehoben
werden), weil es Mordanschläge verhindert - indem es die Sklaven zwingt, die
Anzeichen zu verraten. Vgl. Lausberg §§ 366f., 373, 380f. Der Text ist schwierig
(vgl. Koestermann zu 14.44.2), weil der verhältnismäßig komplizierte Syllogismus
unvollkommen, nämlich stark gekürzt ist - wie schon in der ersten probatio (siehe o.
A. 85). Die Rhetorik bevorzugte das Enthymem: Lausberg §371.
118 Dieser Effekt fällt sozusagen aus der Argumentation heraus: Wenn das Silanianum
seinen primären Zweck, die Verhinderung der Mordtat, verfehlt, so hat es jeden-
falls diese Wirkung. Auch für die (spätklassischen) Juristen ist im Mordfall ‘Vergel-
tung’ der Zweck des Silanianum: Ulpian D 29.5.1.18 u. 3.17; Paulus D 29.5.6.2;
Marcian D 29.5.15; Modestin D 29.5.18. Allerdings war zu ihrer Zeit das Silani-
anum schon auf eine schuldorientierte Strafnorm zurückgeschnitten (siehe o. A.
16), so daß die ‘Rache’ nicht mehr der reine Terror war. - In den ersten Jahren des
2. Jhs. n. Chr. wurde Larcius Macedo von eigenen Sklaven getötet. Nach dem
Anschlag hatte er noch einige Tage zu leben, in denen die schon gefaßten Sklaven
hingerichtet wurden. Plinius, epist. 3.14.4, schließt seinen Bericht mit der Bemer-
kung, daß Macedo non sine ultionis solacio decessit, ita vivus vindicatus, ut occisi
solent - vermutlich eine Anspielung auf das Silanianum, obwohl die Sklaven nicht
aufgrund des Silanianum hingerichtet worden sind.
119 Nörr (1983) 193; er hält „die Worte des Cassius über die ,Schuld* der Sklaven“ für
„bösartig und verschleiernd“ (197).
120 So, generell, auch Mommsen, Röm. Strafrecht (1899) 631: „ein jeder der an der
Mordstätte anwesenden Haussclaven, welcher nicht erweislich zur Hülfeleistung
äusser Stande war“ (so der spätere Rechtszustand, vgl. o. A. 16), werde „auf Grund
der Rechtsvermuthung, dass er hätte Hülfe leisten können, als Mitschuldiger gerich-
tet“. Ihm folgt Dalla 33, 126 A. 40.
 
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