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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 1. Abhandlung): Zur Entwicklung von Alphabetschrift-Systemen: is fecit cui prodest; vorgetragen am 21. April 1990 — Heidelberg: Winter, 1991

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48161#0026
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Wolfgang Raible

Es gibt nun eine andere Art der Schriftlichkeit, die Epigraphik, die
sich in zwei Punkten beträchtlich von den meist umfangreicheren Texten
der Literatur unterscheidet. Ein in Stein gehauener, in Erz gegossener
oder auf Metallblech geprägter Text erfüllt erstens eine andere Funktion
als ein literarischer Text. Er kann z.B. Bestandteil eines Monuments
sein. Im Fall eines Gesetzestextes stellt er selbst ein öffentliches Monu-
ment dar, das von allen Bürgern rezipiert werden soll. Solche öffentli-
chen Texte können Instrumente der Herrschaft sein.22 Das zweite unter-
scheidende Moment ist die Lebensdauer. Was in Stein gehauen wird,
hat im Bewußtsein des Schreibenden, schon wegen des mühsamen Pro-
duktionsprozesses, einen anderen Status als der auf vergänglicherem
Material geschriebene Text. Es ist also schon von hierher zu erwarten,
daß zumindest Teile der Epigraphik anders gestaltet sind als der literari-
sche Text auf Papyros.
Was wir im frühen Griechenland vorfinden, hat zweierlei Gestalt.23
Das eine sind, auch in der Epigraphik, Texte in Scriptio continua ohne
jede zusätzliche Lesehilfe. Beispiele sind die folgenden Texte:

- Elis, Bronzeplatte, ca. 500 ?


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- Chaliks, Euböa, Stele, ca. 500 ?
- Euböa, Graffito auf Alabaster, ca. 550 ?
22 Vgl. Petrucci (1986).
23 Alle Beispiele stammen aus Jeffery (1961).
 
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