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Raible, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 1. Abhandlung): Zur Entwicklung von Alphabetschrift-Systemen: is fecit cui prodest; vorgetragen am 21. April 1990 — Heidelberg: Winter, 1991

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https://doi.org/10.11588/diglit.48161#0043
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Zur Entwicklung von Alphabetschrift-Systemen 33
dann als Zeichen für allgemeine Gattungsbegriffe, schließlich als Zei-
chen für Nomina generell. Wer z.B. Originaldrucke englischer Texte
des 16.-19. Jahrhunderts in Augenschein nimmt, kennt diese Erschei-
nung ebenfalls.43 Ähnliches gilt für Frankreich. Trudel Meisenburg hat
die diesbezügliche Entwicklung in Frankreich mit der in Deutschland
verglichen.44 Allein die Tatsache, daß die Großschreibung der Substan-
tive sich im deutschen Sprachraum ohne Octroi durchgesetzt hat, spricht
dafür, daß es sich wiederum um eine Erleichterung für den Leser han-
delt, die notwendigerweise einen Mehraufwand für den Schreibenden
bedeutet.45
43 Vgl. u.a. John McLaughlin (1963).
44 Meisenburg (1990).
45 Trudel Meisenburg (1990:285) verweist hier auf die Verfasser der Grammaire generale
et raisonnee von 1660, Antoine Arnauld und Claude Lancelot. Sie stellen fest, ein Prin-
zip der Alphabetschrift sei die Korrespondenz zwischen Laut- und Schriftzeichen.
Buchstaben könnten freilich in zweierlei Hinsicht betrachtet werden: sowohl als Sym-
bolisierungen eines Lautes wie auch als Hilfe zum Verstehen dessen, was inhaltlich
ausgedrückt wird. Betrachte man die Buchstaben nur in dieser ersten Hinsicht, dann
gälten vier Prinzipien:
- Jeder Buchstabe markiert einen Laut. Dies bedeute, daß man nur das schreibe, was
man auch spreche;
- daß umgekehrt jeder Laut durch einen Buchstaben ausgedrückt wird; dies bedeute,
daß man nur das ausspreche, was geschrieben sei;
- jeder Buchstabe markiere nur einen einfachen oder doppelten Laut. Es tue nämlich
der Perfektion der Schrift keinen Eintrag, wenn es doppelte Buchstaben gäbe, weil
sie das Schreiben durch Abkürzung einfacher machten;
- ein- und derselbe Laut dürfe nicht durch verschiedene Buchstaben markiert werden.
Arnauld und Lancelot fügen noch hinzu: „Mais considerant les caracteres en la se-
conde maniere, c’est-ä-dire, comme nous aidant ä concevoir ce que l’on signifie, il
arrive quelques fois qu’il nous est avantageux que ces regles ne soient pas toujours
observees, au moins la premiere et la derniere.
Car il arrive souvent, surtout dans les langues derivees d’autres langues, qu’il y a de
certaines lettres qui ne se prononcent point, et qui ainsi sont inutiles quant au son,
lesquelles ne laissent pas de nous servir pour l’intelligence de ce que les mots signifient.
Par exemple, dans les mots de champs et chants, le p et le t ne se prononcent point, qui
neanmoins sont utiles pour la signification, parce que nous apprenons de lä, que le
premier vient du latin campi, et le second du latin cantus.
Nach einem kurzen Hinweis auf eine ähnliche Erscheinung im Hebräischen sagen die
Verfasser weiter: „Et de lä on voit que ceux qui se plaignent tant de ce qu’on ecrit
autrement qu’on ne prononce, n’ont pas toujours grande raison, et que ce qu’ils appel-
lent abus, n’est pas quelque fois sans utilite.“ - Es folgt dann noch ein Hinweis auf die
Benutzung der großen Anfangsbuchstaben am Satzanfang und zur Kenntlichmachung
von Eigennamen.
(Die Stellen stehen in Kapitel 5, das in interessanter Ausnutzung des Unterschieds
 
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