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Jayme, Erik; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 3. Abhandlung): Kunstwerk und Nation: Zuordnungsprobleme im internationalen Kulturgüterschutz ; vorgetragen am 27. Oktober 1990 — Heidelberg: Winter, 1991

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https://doi.org/10.11588/diglit.48163#0017
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Kunstwerk und Nation

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nischen Nationalhelden Scanderbeg zu nennen, die sich seit den Zeiten
Kaiser Rudolf II., der sie für seine Kunstkammer erwarb, in den öster-
reichischen Sammlungen befinden.36 Solche Werke sind Gegenstände
der Restitutionspolitik der Herkunftsländer. In unserem Zusammen-
hang sollen jedoch Rechtsfragen im Vordergrund stehen, wie sie von
den heutigen Gesetzen vorgegeben sind. Hier stellt sich die nationale
Zuordnung des Kunstwerks als aktuelles Problem, wie einige Beispiele
aus der Praxis zeigen mögen, die eine erste empirische Annäherung an
die Lösungsmöglichkeiten gestatten.
VII. Der Goya-Fall: Spanisches Recht vor englischen
Gerichten
Das erste Beispiel betrifft die Entscheidung der Chancery Division
des englischen High Court in der Sache „Kingdom of Spain v. Christie &
Manson Ltd.“ aus dem Jahre 1986. Es ging um das 1805 entstandene
Goya-Porträt der „Marquesa de Santa Cruz“.37 Das Bild war entgegen
den spanischen Exportbeschränkungen nach England gebracht worden,
um dort veräußert zu werden. Das Königreich Spanien klagte gegen den
Versteigerer auf Feststellung, daß das Bild mit gefälschten Papieren
Spanien verlassen habe.
Das Gericht stellte zunächst fest, daß das Königreich Spanien selbst
keinen Rechtstitel habe, da das Bild nicht dem spanischen Staat gehöre.
Gleich wohl - und zwar mit der ganzen Erfindungskraft, die einem Rich-
ter des common law zu Gebote steht - entschied das Gericht, daß Spa-
nien ein „equitable right“ zustehe,38 eine von Billigkeitsgründen getra-

nonskulpturen. Noch Quatremere de Quincy, Lettres ecrites de Londres ä Rome et
adressees äM. Canovasur lesMarbres d’Elgin, ou les Sculptures du temple de Minerve
ä Athenes, Rome 1818, S. 5, spricht von den „sculptures dont l’Europe devra la jouis-
sance et la Conservation au zele ardent et eclaire de mylord comte d’Elgin. ..“. Die
Briefe betreffen im übrigen Inhalt, Zuschreibung und künstlerische Bedeutung der
Skulpturen. Die Frage der Rückführung wurde erst dann artikuliert, als sich die grie-
chische Nation ihrer selbst bewußt wurde. Vgl. auch Pavan, Antonio Canova e la
discussione sugli „Elgin Marbles“, in: Rivista dell’Istituto Nazionale d'Archeologia e
Storia dell’arte XXI-XXII (1974-1975, erschienen Rom 1976), S. 219ff.
36 Mitteilung des Kunsthistorischen Museums in Wien.
Kingdom of Spain v. Christie, Manson & Woods Ltd. [1986] 1 W.L.R. 1120 (Ch. D.).
38 Vgl. Viladäs, Obras de arte y Patrimonio Histörico en Espana: Una reforma legislativa
reciente, in: Clark (Hrsg.), Essays in Honorof John Henry Merryman, Berlin, 1990, S.
317 ff.
 
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