Das Burushaski
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in dan thraq mariimi „der Stein zersprang“ die Vorstellung der Leblosig-
keit im Vordergrund steht.
Die zweite Regel, nach der die Pronominalpräfixe bei den h- und x-
Objekten bzw. -Subjekten gesetzt werden, bei den y-Nomina dagegen
nicht, scheint auf den ersten Anblick mit dem Gesichtspunkt der Frei-
willigkeit nichts zu tun zu haben, sie erweist sich aber bei näherem Zuse-
hen nur als die sozusagen nominale Seite derselben Polarität. Zum Ver-
ständnis bieten sich hier Parallelen in Sprachen an, in denen die formelle
Bezeichnung des Akkusativs auf Wörter für lebende Wesen beschränkt
ist, wie das australische Aranda10 oder das Spanische, wo man sagt he
visto la mesa „ich habe den Tisch gesehen“, aber - mit der Dativpräposi-
tion a-he visto a la madre „ich habe die Mutter gesehen“. Die Bezie-
hung eines leblosen Gegenstandes zu einem transitiven Verbum ist eine
viel engere, naturgegebenere als die eines belebten Wesens, besonders
eines Menschen; der Tisch kann sich nicht wehren, gesehen zu werden,
so wie etwa ein Verbum für „essen“ innerlich problemlos mit Brot usw.
verbunden ist. Richtet aber ein vernunftbegabtes Wesen seine Aktivität
auf seinesgleichen, so entsteht notwendig ein stärkeres Bewußtsein der
Spaltung von Subjekt und Objekt, und das kann passend durch die Ein-
schaltung eines betonenden Elements wie eines Akkusativzeichens oder
der pronominalen Wiederaufnahme des Objekts symbolisiert werden.
Im Burushaski, das ja als Ergativsprache das Objekt des transitiven Ver-
bums mit dem Subjekt des intransitiven Verbums gleichsetzt, erscheint
die Vorstellung der Fremdeinwirkung durch ein beseeltes Subjekt bei
den intransitiven Verben transformiert in die der Unfreiwilligkeit und
der Bedingtheit durch äußere Umstände.
Aber man kann die Erscheinungen des Burushaski in einem noch wei-
teren Rahmen sehen. Zunächst kann über die Pronominalpräfixe des
Verbums nicht gesprochen werden, ohne zu erwähnen, daß sie auch
beim Substantiv verwendet werden, und zwar in einer in Asien verein-
zelten, in Indianersprachen aber sehr verbreiteten Weise. Das Promi-
nalpräfix tritt im Burushaski obligatorisch vor Wörter für Körperteile
und Verwandtschaftsnamen; man kann nicht „Kopf“ oder „Vater“
schlechthin sagen, sondern nur „mein Kopf“, „dein Kopf“ usw., „mein
Vater“, „dein Vater“ usw. Der Grund dafür ist leicht einzusehen: Kör-
perteile können für ein naives Empfinden immer nur im Zusammenhang
mit einem Gesamtorganismus gedacht werden, und Vater, Bruder, En-
10 VgL T. G.H. Strehlow, Aranda Phonetics and Grammar, 1942-44, p. 78. Das verwen-
dete Suffix ist gleich mit dem des Dativs.
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in dan thraq mariimi „der Stein zersprang“ die Vorstellung der Leblosig-
keit im Vordergrund steht.
Die zweite Regel, nach der die Pronominalpräfixe bei den h- und x-
Objekten bzw. -Subjekten gesetzt werden, bei den y-Nomina dagegen
nicht, scheint auf den ersten Anblick mit dem Gesichtspunkt der Frei-
willigkeit nichts zu tun zu haben, sie erweist sich aber bei näherem Zuse-
hen nur als die sozusagen nominale Seite derselben Polarität. Zum Ver-
ständnis bieten sich hier Parallelen in Sprachen an, in denen die formelle
Bezeichnung des Akkusativs auf Wörter für lebende Wesen beschränkt
ist, wie das australische Aranda10 oder das Spanische, wo man sagt he
visto la mesa „ich habe den Tisch gesehen“, aber - mit der Dativpräposi-
tion a-he visto a la madre „ich habe die Mutter gesehen“. Die Bezie-
hung eines leblosen Gegenstandes zu einem transitiven Verbum ist eine
viel engere, naturgegebenere als die eines belebten Wesens, besonders
eines Menschen; der Tisch kann sich nicht wehren, gesehen zu werden,
so wie etwa ein Verbum für „essen“ innerlich problemlos mit Brot usw.
verbunden ist. Richtet aber ein vernunftbegabtes Wesen seine Aktivität
auf seinesgleichen, so entsteht notwendig ein stärkeres Bewußtsein der
Spaltung von Subjekt und Objekt, und das kann passend durch die Ein-
schaltung eines betonenden Elements wie eines Akkusativzeichens oder
der pronominalen Wiederaufnahme des Objekts symbolisiert werden.
Im Burushaski, das ja als Ergativsprache das Objekt des transitiven Ver-
bums mit dem Subjekt des intransitiven Verbums gleichsetzt, erscheint
die Vorstellung der Fremdeinwirkung durch ein beseeltes Subjekt bei
den intransitiven Verben transformiert in die der Unfreiwilligkeit und
der Bedingtheit durch äußere Umstände.
Aber man kann die Erscheinungen des Burushaski in einem noch wei-
teren Rahmen sehen. Zunächst kann über die Pronominalpräfixe des
Verbums nicht gesprochen werden, ohne zu erwähnen, daß sie auch
beim Substantiv verwendet werden, und zwar in einer in Asien verein-
zelten, in Indianersprachen aber sehr verbreiteten Weise. Das Promi-
nalpräfix tritt im Burushaski obligatorisch vor Wörter für Körperteile
und Verwandtschaftsnamen; man kann nicht „Kopf“ oder „Vater“
schlechthin sagen, sondern nur „mein Kopf“, „dein Kopf“ usw., „mein
Vater“, „dein Vater“ usw. Der Grund dafür ist leicht einzusehen: Kör-
perteile können für ein naives Empfinden immer nur im Zusammenhang
mit einem Gesamtorganismus gedacht werden, und Vater, Bruder, En-
10 VgL T. G.H. Strehlow, Aranda Phonetics and Grammar, 1942-44, p. 78. Das verwen-
dete Suffix ist gleich mit dem des Dativs.