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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0156
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MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN

lichen Fiskal entgegengesetzt und im Rechten übergeben« (1523) ver-
faßt und sich gegen die vom Hörensagen gegen ihn vorgebrachten
Anschuldigungen und Verleumdungen gerichtet hat, so tat es auch
Bucer. Aus dieser »Verantwortung« Bucers hat J.W. Baum S. 213 ff. einige
Auszüge gebracht, jedoch in einer Überarbeitung, die den ursprünglichen
Wortlaut kaum erkennen läßt. Deshalb haben wir es für richtig gehalten,
in der Anlage 4 den genauen und ungekürzten Wortlaut zu bringen,
zumal sie für das Verständnis seiner danach im Druck ausgegangenen
Schrift unerläßlich ist. In französischer Übersetzung war sie durch
M. T. de Bussiere 1856 bekanntgemacht worden.
Hatte Bucer im Laufe dieser Zeit seine Abhandlung »Daß ym selb
nymant, sondern andern leben soll« und sein »Summary der predigt
zu Weißenburg gethon« in Druck gegeben, so gab ihm die günstige
Aufnahme seiner Schriften den Mut, auch die Verantwortung, deren
Veranlassung in der Stadt bekannt geworden war, in einer überarbeiteten
und erweiterten Gestalt erscheinen zu lassen.

2. Die Grundgedanken
Was Bucer auf die Beschwerde des Bischofs gesagt und schriftlich dem
Rat eingereicht hatte, war in der Bevölkerung auch ohnehin bekannt
geworden. Seine Verteidigungsschrift war am 20. Juni in seiner Gegen-
wart vor dem Rat verlesen worden, ehe sie an den Bischof abging. Die
gegen ihn von den Gegnern ausgestreuten Verleumdungen verlangten
eine ausführliche Antwort. Im Grunde sind es drei Vorwürfe: 1. Er
sei ein »verlaufener«, meineidiger Mönch; 2. er habe eine »profitierte «
Person geheiratet; 3. er verleite seine Hörer zur Ketzerei.
1. Es sollte dem gebannten Prädikanten nicht schwer fallen, nach-
zuweisen, daß er rechtmäßig durch päpstlichen Dispens aus dem
Dominikanerorden entlassen und als Weltpriester beschäftigt worden
sei. Im Grunde sei er kein rechter Mönch gewesen, da er gezwungener-
maßen dem Orden angehört habe. Der Weihbischof Anton Engelbrecht
von Speyer habe ihn auch vom Ordensgelübde am 29. 4. 1521 ent-
bunden, nachdem er fünfzehn Jahre bei den Dominikanern zugebracht
hatte4.
2. Der Vorwurf wegen seiner Heirat ist abzulehnen, weil die Ehe
Gottes Gebot sei, das ebenso dem Kleriker wie dem Laien gelte. Wenn
er geheiratet habe, so habe er dem Willen Gottes entsprochen und könne
deswegen weder gebannt noch belangt werden. In Anlehnung an
Luther mußte Bucer den Mönchsstand als Irrtum bezeichnen und dem-

4. Vgl. Anlage 2, S. 285ff.
 
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