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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0157
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VERANTWORTUNG

153

entsprechend Gelübde und Tonsur ebenso ab lehnen, wie alle kirch-
lichen Handlungen, die gegen Gottes Wort verstießen. Im übrigen
nehme er die Verehrung der Heiligen und der Gottesmutter sehr
ernst.
Bucer ist es gewiß, daß die Nonne dem gleichen Wort untersteht wie
jeder andere Christ. Im Falle seiner Frau lagen die Verhältnisse besonders
schwierig. Um ihres Besitzes von über 1000 Gulden willen hatten sie
die Verwandten ins Kloster Lobenfeld gebracht, wo sie zwölf Jahre
geblieben ist, doch nichts Rechtes gelernt hatte und schließlich ernst-
haft erkrankt war. Da hätte er sie »uß großer not«, »uff ir sehnlich
bytt« genommen. Bucer spricht von seiner Frau mit der größten Hoch-
achtung. Er rühmt ihr derartig demütigen Wandel nach, »das ich das
bei Gott auf meine Seele behalde, daß niemand lebt, in dem ein Tröpflein
mer natürliche Billicheit ist«. Aber für die Altgläubigen war die »pro-
fitierte « Person als Frau eines evangelischen Predigers unmöglich. Was
die Polemiker in Straßburg 1523 einwenden, haben sie nach zwanzig
Jahren, als Bucers Frau bereits gestorben war, in Köln wieder gegen
ihn vorgebracht5.
3. Bucers Grundlage ist allein die Heilige Schrift. Er erklärt sich
bereit, sich jederzeit ihrem Urteil zu unterwerfen. Anderes als die Schrift
erkennt er nicht an und legt es seiner Predigt auch nicht zugrunde.
Bucer beruft sich ganz eindeutig auf die sola scriptura. Weder die
Tradition noch das Kirchenrecht spielen bei ihm eine gleiche Rolle. Die
Schrift hat für ihn allein den Rang des Wortes Gottes. Während die
ersten Punkte der Anklage sich auf sein Leben bezogen, hatte er Ge-
legenheit, sich auch über seine Lehre zu verbreiten und der Obrigkeit
klare Auskunft darüber zu geben.
Als sein Hauptziel stellt er heraus: dem Nächsten zu dienen nach
seiner christlichen Schuldigkeit. Was er nur gelernt hat und vermag,
besonders der Dienst mit dem Wort, »Predigen und Lesen« gehört für
ihn hierher. Bucer ist auch überzeugt, das Rechte getan zu haben, daß
er sich die schwersten Strafen wünscht, wenn ihm etwas anderes nach-
gewiesen werden könnte.
Gerade die Pastoralbriefe sind von ihm für die Auslegung in Zells
Hause bewußt gewählt worden, um seine eigene Lage am besten ver-
teidigen zu können. Wiewohl er auch mit menschlichem Recht zu
erweisen vermöchte, daß sein Handeln und sein persönliches Leben nicht
anzugreifen sei, hat er sich doch zuerst auf die Schrift verlegt und zieht
alle Argumente für die Priesterehe aus den Briefen des Apostels Paulus.
Irgendwelche Vorrechte will Bucer für sich nicht haben; er erwartet
5. Vgl. Melanchthons Responsio 1543 in: Melanchthons Werke, ed. R. Stupperich, VI,
1955, S. 414.
 
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