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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0164
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Der münch zusag

Warumb Butzer profitiert
hat.

Butzer gen Heydelberg,
gen Mentz
A 4 b

16O MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
were mer erbarkeit. Deßhalb must ich entweders zu inen kummen oder
aber von der leer abzogen und seiner hülff beraubt gewesen sein.
Von der leer abgehalten werden, was mir schwer, ir on hülff nachzu-
kommen, dorfft ich nit wogen. Also nach viler zusag der Münch, bey
ynen wurd ich alle leer finden, hab ich mich lassen überreden, die kutt 5
mir lassen anzyehen. Und als sye mir im ersten jar vil fürsagten von
grosser freyheit, die inen unser liebe fraw auß dem verdienst s. Dominici
bey gott erlangt hete. Nämlich das kein predigermünch möcht ver-
dampt werden, ob er schon ins fegfeür müste ein weil. Auch welcher,
so er den orden zu versuchen hett angenommen und kam darnach eigens 10
willens wider hynuß, der hette sein lebenlang kein glück und stürb auch
keins rechten tods. und deren vil wisßten sye mir zu einem schrecken
fürzuzelen, den es unglücklich gangen und ellendklich waren ge-
storben18.
Also, des gott mein züg ist, hab ich mich zu profitiren lassen bereden 15
allein uß disen gemelten ursachen. Zum ersten, das ich zur leer sunst
von den meinen keiner hilf dörft warten19. Zum andern, das ich in
glaubet, so ich im orden blibe, ich möcht nit verdampt werden. Zum
dritten, das ich schand und meiner verwanten ungunst forchtet, auch
ein unglücklich leben mit einem ellenden tod, wo ich hynauß kam. 20
Und ist also gewißlich an mir wor worden das gemeyn Sprichwort:
Die Verzweiflung macht ein münch20. Und diß ist meiner müncherey
anfang.
Das mitel ist nichts seligers gewesen. Bücher, darauß man die latinisch
sprach lernet, so ich mit mir zun münchen bracht, nam man mir. 25
Sophistisch dantmären gab man mir, für deren sye dannest auch kein
rechten bericht heten. Noch dennocht on großen neyd und vil anstöß
mocht ich auch diser nichtigen leer nit anhangen, und wider viler
meynung geriet mir doch, das ich gen Heydelberg, nachmols gen Mentz
und wider gen | Heydelberg geschickt ward zu studieren21. In welchem 30
ich vil erlitten hab um der latinischen sprach willen, der ich zu verstolen
zeiten nachhyng. dieweil sye deren bloß seind, wöllen sie auch niemant
anders bey inen die lassen lernen. Von dem leben, so ich bey inen gelert
worden bin, sag ich nit mer dann: Gott erbarm sich über sye und mich,
verzeihe uns und lerne uns ein bessers. Wiewol, on rhüm geredt, ich 3 5
mit den gezelt ward, so eins förmlichem lebens geacht waren, des sye
18. Vgl. Allen II, 303,419-304,447 (Erasmus an Grunnius, August 1516).
19. B. berichtet, daß er um seiner Studien willen ins Kloster gegangen sei. Welcher
Art seine Ordensstudien waren, erfahren wir von ihm nicht, vgl. aber Anlage 1.
20. Vgl. Wander IV, 1625.
21. Immatr. in Heidelberg: 31. 1. 1517, über B.s Aufenthalt in Mainz vgl. Eells,
S. 4f, und Anm. 26, S. 434. Die Grade des magister artium und des Baccalaureus
biblicus erwarb B. im Frühjahr 1519; vgl .Eells, S. 4, und Anm. 25, S. 434.
 
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