GESPRECHBIECHLIN NEÜW KARSTHANS
423
K. Als ich hör, ist alle geschrifft vol, und wir sehen mit unsern augen,
das wir nit versorgt seind, noch leyden wir bey uns der pfaffen tyranney
und ärgerlich böß leben.
F. Das sollen | wir umb gotes willen thun, der würt es zum besten
5 schicken. Dann als Paulus schreybt zu den Colosensern [3,25]: Wer
einem unrecht hat gethon, würt umb seins übelthat vergeltung nemen. Und darumb
sollen wir es gott heim geben und in seinen willen schaffen lassen.
Wiewol Cyprianus79, als ich underwisen bin, meynt, das gemeyn volck
sey nit entschuldiget, wann es einen ungeschickten Bischoff habe, sunder
10 gebür im ynsehens zu haben, wie und wer zu hirten gewelet werde.
K. Das halt ich auch, wiewol yetzund die pfaffen sagen, wir haben
nichts daryn zu sagen, wie sie es in der geistlicheit machen, heissen uns
grobe rültzen80 und knotasten81. Habn uns auch anders nit, dann wären
wir unvernünfftige thier, das thut mir wee, und wiewol ich bißhär
15 weyter unnderweysung nit gehabt, hat mich dannocht bey mir selbs
bedaucht83, es sey nit billich, also mit uns zu handlen.
F. Es ist nit billich, dann sie sollen nyemants uß der kirchen schliessen,
wir seind all die kirch und keiner mer dann der ander. Es sollen auch
wir (die sie leyen nennen) die Bischoff und pfarrer helffen welen und
20 uns selbs versehen.
K. Das halte ich auch. Aber yetzundt welet man keinen Bischoff noch
pfarrer, sunder werden solliche ämpter umbs gelt erkaufft, dann ob
man schon ein Bischoff welet, hatt es doch kein krafft, er geb dann dem
Bapst gen Rhom sein Schatzung. Und ist ye ein erbärmlich ding zu
25 sehn, das so ungelerte, untügliche, auch offt jung personen zu den ämp-
tern kommen, dann sie nemen wol die zynß und rennten yn, aber der
arbeit geen sie gantz müssig, sunder setzen an ir statt andere dahin, die
richten sie mit wenig geltes ab, darumb thun sie auch wenig arbeit.
Und sollichs seind die taglöner, als ich verstee, von | den der herr sagt:
30 sie fliehen, wann der wolff kompt, dann sie nemen sich der schaff nit
vil an83
F. Es ist böß gnug, hoff aber, es solt besser werden. Gott hat es uns
auch verheissen, do er durch den propheten Hiere. sprach [3,15]: Ich wil
eüch | geben hirten nach meinem hertzen und dieselbigen werden eüch in kunst
35 und ler weiden.
K. Gib, herr got, gib uns solliche und erlöß uns von dem Bäpstischen
bezwang und der pfaffen übermüt, die in irem brächtischen, ärgerlichen
leben dein götlich wort schandtlich undertrucken und uns die heilsamen
s) seine B. - t) söll B.
79. Ep. LXVIII; MSL 3, 1060/61; vgl. MSL 4, 412/13.
80. Grober Kerl, Rüpel. 81. Flegel, Grobian.
82. Partizip Präteritum von bedüncken. 83. Vgl. Jo 10, 12-13.
D1a
wie ein bischof oder pfarrer
sol gewelet werden.
wir sind alle die kirche
zugeleych.
Die leyen.
ungeschickte bischoff und
pfarrer.
D1b
665
karsthans bitt zu got.
423
K. Als ich hör, ist alle geschrifft vol, und wir sehen mit unsern augen,
das wir nit versorgt seind, noch leyden wir bey uns der pfaffen tyranney
und ärgerlich böß leben.
F. Das sollen | wir umb gotes willen thun, der würt es zum besten
5 schicken. Dann als Paulus schreybt zu den Colosensern [3,25]: Wer
einem unrecht hat gethon, würt umb seins übelthat vergeltung nemen. Und darumb
sollen wir es gott heim geben und in seinen willen schaffen lassen.
Wiewol Cyprianus79, als ich underwisen bin, meynt, das gemeyn volck
sey nit entschuldiget, wann es einen ungeschickten Bischoff habe, sunder
10 gebür im ynsehens zu haben, wie und wer zu hirten gewelet werde.
K. Das halt ich auch, wiewol yetzund die pfaffen sagen, wir haben
nichts daryn zu sagen, wie sie es in der geistlicheit machen, heissen uns
grobe rültzen80 und knotasten81. Habn uns auch anders nit, dann wären
wir unvernünfftige thier, das thut mir wee, und wiewol ich bißhär
15 weyter unnderweysung nit gehabt, hat mich dannocht bey mir selbs
bedaucht83, es sey nit billich, also mit uns zu handlen.
F. Es ist nit billich, dann sie sollen nyemants uß der kirchen schliessen,
wir seind all die kirch und keiner mer dann der ander. Es sollen auch
wir (die sie leyen nennen) die Bischoff und pfarrer helffen welen und
20 uns selbs versehen.
K. Das halte ich auch. Aber yetzundt welet man keinen Bischoff noch
pfarrer, sunder werden solliche ämpter umbs gelt erkaufft, dann ob
man schon ein Bischoff welet, hatt es doch kein krafft, er geb dann dem
Bapst gen Rhom sein Schatzung. Und ist ye ein erbärmlich ding zu
25 sehn, das so ungelerte, untügliche, auch offt jung personen zu den ämp-
tern kommen, dann sie nemen wol die zynß und rennten yn, aber der
arbeit geen sie gantz müssig, sunder setzen an ir statt andere dahin, die
richten sie mit wenig geltes ab, darumb thun sie auch wenig arbeit.
Und sollichs seind die taglöner, als ich verstee, von | den der herr sagt:
30 sie fliehen, wann der wolff kompt, dann sie nemen sich der schaff nit
vil an83
F. Es ist böß gnug, hoff aber, es solt besser werden. Gott hat es uns
auch verheissen, do er durch den propheten Hiere. sprach [3,15]: Ich wil
eüch | geben hirten nach meinem hertzen und dieselbigen werden eüch in kunst
35 und ler weiden.
K. Gib, herr got, gib uns solliche und erlöß uns von dem Bäpstischen
bezwang und der pfaffen übermüt, die in irem brächtischen, ärgerlichen
leben dein götlich wort schandtlich undertrucken und uns die heilsamen
s) seine B. - t) söll B.
79. Ep. LXVIII; MSL 3, 1060/61; vgl. MSL 4, 412/13.
80. Grober Kerl, Rüpel. 81. Flegel, Grobian.
82. Partizip Präteritum von bedüncken. 83. Vgl. Jo 10, 12-13.
D1a
wie ein bischof oder pfarrer
sol gewelet werden.
wir sind alle die kirche
zugeleych.
Die leyen.
ungeschickte bischoff und
pfarrer.
D1b
665
karsthans bitt zu got.