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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 1): Frühschriften 1520 - 1524 — Gütersloh, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.29138#0437
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GESPRECHBIECHLIN NEÜW KARSTHANS

433

Frantz. Wir unnderlassen aber von den Bischoffen weyter zu reden.
Karsthans. Sagt, här juncker, was | ir wölt, warlich, ich hör es alles
gern.
Frantz. Weyter schreybt sanctus Paulus zu einem andern seiner
5 jüngern, Titus [1,7.9] genant, auch die vorigen meynung, onn6 das er
weyter sagt: Ein Bischoff sol sein wie ein schaffner gottes, nit zornig, sunder
der gantz hart ob der heiligen geschrifft halte, auff das er mit einer macht
gutter ler vermanung geben möge und die widersprecher überwinden.
Karsthans. In allen disen leren, so den Bischoffen vorgeschriben
10 seind, spür ich nichts, das iren weltlichen bracht, Künigklich regiment,
die grossen gütter und reychtumb, auch den teüfelischen bann, damitt
sie uns plagen, betreffe.
Frantz. Gar nichts magst du spüren, wiewol yetzund der geistlichen
sach allein an denselbigen stucken gelegen. Wie möchten sie aber gutte
15 werck thun, so sie gantz ungerecht und nitt gutt seyen. Es mag doch
(wie dann auch Christus sagt) Kein gutter baum böse frucht noch ein
böser baum gutte frucht bringen I27. Darumb gab er uns auch ein ler
davon, sprechend: Bey iren früchten werdent ir sie erkennen [Mt 7,20].
Karsthans. Das geschicht auch warlich. Wir erkennen sie gantz wol
20 darbey, und darumb sollen wir sie auch nit kauffen. Fürwar, ich (als ich
sie leben sich) wölt ich nit einen pfenning umb alle Bischoff in Teütschen
landen geben, dann sie sollen nichts.
Frantz. Es seind ir ettliche, die wir möchten redliche männer nennen,
und sie seind es auch on zweyfel. Aber einen rechtgeschaffen bischoff
25 weiß ich, bey meiner seel, in gantzem Teütschem landt nitt zu finden.
Karsthans. Warumb bleiben sie dann nitt ußwendig dem schaffstall,
so sie die schaff nit zu weiden wissen oder wöllen?
F. Fürwar besser wär, sie bliben herauß. Und weiß einen, dem gründt
ich wol, er | wär des Bistumbs müssig gegangen128, dann er würt sein
30 sel dardurch verdammen.
K. Vast ist zu wundern, das die welt so lang blind gewesen und man
sollich mercklich und daran hochgelegen gebrechen nit erkennet hat.
F. Lieber Karsthans, es seind allwegen leüt gewesen, die es erkennt
und gewißt haben, es hat aber nit herauß gewölt. Etliche haben den
35 fuchs nit beyssen wöllen, umb das sie die leüt mer dann gott geförcht
haben, etliche umb ires eygenen nutzes willen, das sie auch mit pfrunden
begabt gewesen, ettliche darum, das sie freündt under den pfaffen
gehabt, von der wegen sie die warheit geschwigen. Etliche in gutter
meynung, das sie besorgt, es werd ein | uffrur, darin (wie ich noch

E4a

Bischoff gottes schaffner.

Bischoff in teütschland.

E4b

warumb die warheit so
lang verschwigen.

673

126. Außer. 127. Mt 7, 18.
128. Anspielung auf Albrecht von Mainz, bei dem Hutten und Capito in Diensten
standen (?).
 
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