432
MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
Der munnich heiligen.
E3b
Canonizieren.
Wie man yetzund heiligen
macht.
unsers hergots rock zu Trier.
672
und dem gezenck und geytigkeit frembd sey etc. Nun kanst du erkennen, ob
wir yetzund dergleychen bey uns haben.
K. Ich glaub, wir haben lang keinen sollichen gehabt. Wiewol sie uns
täglich neüwe heiligen machen.
F. Als zuvoran die münch, die wöllen yeder orden die meisten 5
heiligen haben, und ist die ursach, das man in de | ster mer in ire clöster
gebe.
K. Anders nit.
F. Got weißt am baßten, ob solliche heilig seind oder nit. Warlich,
ich halt wenig darvon, dann ich sich, das sie dem Bapst gelt geben, 10
der Canoniziert sie.
K. Was ist das gesagt?
F. Das heißt, in die schar der heiligen setzen. Darumb, wo sie etwa
einen alten bruder im grab ligen haben, von dem sie etwas sagen künnen,
schicken sie gen Rom, schreyben dem Bapst, er hab zeichen gethon, so 15
fordert der Bapst seinen lon für die Bullen, und wann er den hat, macht
er in heilig122. Das haben wir bey unsern zeyten, mer dann einmal also
geschehen, mitt augen gesehen.
K. Hilff, gott von hymel, was hör ich, würt auch die heiligkeit der
heiligen umb gelt gekaufftc ? Nun sich ich, das es doch gar büberey mit 20
den geistlichen ist.
F. Wie dann unsers hergots rock zu Trier123?
K. Ist es warlich Christus cleid geweßt?
F. Da wil ich nit von urteylen, das weiß ich aber wol, das der Bapst
bestätigt hat, er sey es, hat aber etlich tausent ducaten für sein gutten 25
willen genommen, und ein teyl von dem gelt, das zu der walfart gefelt124,
muß man im auch järlich überlifern, das seind die Trierischen pfaffen
wol zufriden, dann sie haben dannocht grossen gewinn darvon. Also
behilfft sich einer mit dem an | dern. Aber wir einfaltigen leyen versteen
die sachen nit, und ist ein zeytlang groß lauffens gen Trier, den heiligen 30
rock zu schauwen, geweßt.
K. Er gestat125 mich selbs ein guldin oder sechs.
F. Die hettest du baß angelegt, hettest du deinen kinden brot darumb
gekaufft.
K. Ja, fürwar baß. Aber mit schaden würt man weyß. Es sol, ob gott 35
wil, hinfür kein pfaff keinen pfenning von mir yemer bringen.
c) umbs gelt erkaufft B.
122. Zur Entstehung des Kanonisationsprozesses im ausgehenden Mittelalter vgl.
W. Plöchel: Geschichte des Kirchenrechts, II. 1953. S. 321-324. Vgl. dazu Luthers
Kritik WA 6, 448 (An den christlichen Adel).
123. Vgl. W. Andreas: Deutschland vor der Reformation. 1942. S. 190.
124. Fallen, hereinkommen. 125. Kosten.
MARTIN BUCERS FRÜHSCHRIFTEN
Der munnich heiligen.
E3b
Canonizieren.
Wie man yetzund heiligen
macht.
unsers hergots rock zu Trier.
672
und dem gezenck und geytigkeit frembd sey etc. Nun kanst du erkennen, ob
wir yetzund dergleychen bey uns haben.
K. Ich glaub, wir haben lang keinen sollichen gehabt. Wiewol sie uns
täglich neüwe heiligen machen.
F. Als zuvoran die münch, die wöllen yeder orden die meisten 5
heiligen haben, und ist die ursach, das man in de | ster mer in ire clöster
gebe.
K. Anders nit.
F. Got weißt am baßten, ob solliche heilig seind oder nit. Warlich,
ich halt wenig darvon, dann ich sich, das sie dem Bapst gelt geben, 10
der Canoniziert sie.
K. Was ist das gesagt?
F. Das heißt, in die schar der heiligen setzen. Darumb, wo sie etwa
einen alten bruder im grab ligen haben, von dem sie etwas sagen künnen,
schicken sie gen Rom, schreyben dem Bapst, er hab zeichen gethon, so 15
fordert der Bapst seinen lon für die Bullen, und wann er den hat, macht
er in heilig122. Das haben wir bey unsern zeyten, mer dann einmal also
geschehen, mitt augen gesehen.
K. Hilff, gott von hymel, was hör ich, würt auch die heiligkeit der
heiligen umb gelt gekaufftc ? Nun sich ich, das es doch gar büberey mit 20
den geistlichen ist.
F. Wie dann unsers hergots rock zu Trier123?
K. Ist es warlich Christus cleid geweßt?
F. Da wil ich nit von urteylen, das weiß ich aber wol, das der Bapst
bestätigt hat, er sey es, hat aber etlich tausent ducaten für sein gutten 25
willen genommen, und ein teyl von dem gelt, das zu der walfart gefelt124,
muß man im auch järlich überlifern, das seind die Trierischen pfaffen
wol zufriden, dann sie haben dannocht grossen gewinn darvon. Also
behilfft sich einer mit dem an | dern. Aber wir einfaltigen leyen versteen
die sachen nit, und ist ein zeytlang groß lauffens gen Trier, den heiligen 30
rock zu schauwen, geweßt.
K. Er gestat125 mich selbs ein guldin oder sechs.
F. Die hettest du baß angelegt, hettest du deinen kinden brot darumb
gekaufft.
K. Ja, fürwar baß. Aber mit schaden würt man weyß. Es sol, ob gott 35
wil, hinfür kein pfaff keinen pfenning von mir yemer bringen.
c) umbs gelt erkaufft B.
122. Zur Entstehung des Kanonisationsprozesses im ausgehenden Mittelalter vgl.
W. Plöchel: Geschichte des Kirchenrechts, II. 1953. S. 321-324. Vgl. dazu Luthers
Kritik WA 6, 448 (An den christlichen Adel).
123. Vgl. W. Andreas: Deutschland vor der Reformation. 1942. S. 190.
124. Fallen, hereinkommen. 125. Kosten.