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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0103
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7. DASS IN EHESACHEN RECHT GEHANDELT

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4. Wider die Natur der züsag“20, so von zweyen parthen gegen ein ander be-
schicht vnd doher, wann sy solicher einander wider erlassen21, nieman einigen scha-
den oder nachteyl zü erwartten hatt, iste, das solich nit sollen derffen ein ander wider
frey sagen. Darumb geben keyserlich recht der Eh versprechung halb zü, so denen,
durch welche sy beschehen, aber noch nit volstrecket ist22, zü bayden taylen gefel-
lig, das sy die selbig eyn ander mogen23 I 243^ I wider vff sagen.24 Dann Ehverspre-
chung die Eh nit selb lst, das auch etliche Bapst mit dem Heiligen Augustino vnd
Leone erkennet haben.25
5. Wa aber ein tayl on willen des anderen Hat die eh versprechung wollen vffsa-
gen vnd des nit redhch vnd gnügsam vrsach gehabt, hat mans, angesehen das zur Eh
gütter will vnd heb von notten26 erfordert wurdt vnd nit vil güts zü verhoffen ist,
wen man zwungen1 wurdt, Auch - doch nit on straff27 - zü gelassen, vnd hat die Ehs
erst fur gantz erkennet, wenn man die hochzeit gehalten oder by gelegen ist.
6. Solches rechtens, wo etwas solicher rew vnd vnwill29 fur fiele30, das man sych
gar kemer gütter Eh versehen kunde, mochten sich die Eh richter auch geprauchen;
were mit vnd gar nit wider das gottlich recht31, welchs will also die Eh angefengt ha-
ben, das zü verhoffen, das zwey wie ein mensch leben m höchster liebe vnd frundt-
schafft32.
7. Das die Eh aber wol gehalten werde, wurdt von I 243^ I notten sein, das alles,
so deren zü wider, ernstlich abgeschaffet werde alß vnbillichs halten33, hürrey34,
kuplerey35, Ebruch, mütwilligs hynlauffen36.

d) danach übergeschr., eingewiesen und gestr.: ist: a; zusag lst: b.
e) übergeschr. und eingewiesen m a; lrrtümlich Dittographie m b.
f) danach gestr.: lst: a.
g) fehlt m b.

20. sc. des Eheversprechens.
21. solche gegenseitig wieder auflösen.
22. sc. durch die Hochzeit oder den Beischlaf bestätigt. Vgl. unten Punkt 5.
23. können.
24. Vgl. Dig. 23,1,10, ClCiv I, S. 330; Cod. Just, 5,1,1, ClCiv II, S. 192.
25. Decr. Grat. II, C. 27, qu. 2, Dictum Gratiani post c. 15, c. i6f., Friedberg I, Sp. 1066.
26. notwendig, unbedingt.
27. Vgl. Cod. Just, 5,1,5, ClCiv II, S. 192h
28. Nur implizit in Dig. 23,2,1, ClCiv I, S. 330. Zu Bucers Auslegung der hier vorkommenden
Wendung »comunctio maris et foeminae« als geschlechthche Vereinigung der Ehepartner vgl. unten
S.215,8-10.
29. Nichtwollen.
30. vorkäme, auftrete.
31. die Heilige Schnft, die Bibel.
32. Vgl. Gen 2,24; Mt 19,5; Eph 5,28-29.
33. unangemessene Behandlung (der Ehefrau); vgl. unten S. 322,15-323,7; oder: unrechtmäßige
Beherbergung (einer Konkubine); vgl. Grimm 10 (=IV,2), Sp. 28.
34. Hurerei, Unzucht.
35. Kuppelei, Prostitution.
36. böswilhge Verlassung, lat. »desertio malitiosa«.
 
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