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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Schulz, Hans [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 10): Schriften zu Ehe und Eherecht — Gütersloh, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.30230#0411
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BEILAGE ZU NR. 12

407

vnsere Kirchen jtziger zeit halten vnd bisher gehalten haben, bis auff eine eintrech-
tige vergleichung in Ehesachen, die aus Gottes wort nicht konnen geortert vnd ge-
schlichtet werden. Darnach eine gemeine Censur, wie folgen wird. Denn lch ja nicht
gerne zu zanck vnd hadder vrsache geben wolte oder einen strick zum anstos oder
ergernis legen. Jn ansehung, das der Ehestand aller ehren wert ist vnd das wir alle zu-
gleich jn zuehren vnd des ehre zubeforderung schuldig sein.
Vnd so viel nu anlanget dis Bedencken, ist einmal war, das es wil mit verstande
vnd guter betrachtung gelesen sein.
Ersthch hierumb, das es zu gar leicht die Ehescheidung zugibt.
Zum andern, das es viel mehr vrsachen der Ehescheidung setzet, als wir nach der
Schnfft finden bisher nu viel j are 1m gebrauch gewesen vnd nach in vnsern Euangeh-
schen Kirchen gebreuchhch sein.
Zum dntten, das es die vrsachen der Ehescheidung, den mehrern teil aus den alten
Keiserhchen Rechten versamlet, die doch nu lengst nicht lm gebrauch gewesen, m
abfall komen vnd noch hiennnen stecken. Vnd von welchen Rechten auch die nach-
folgende Keiser selbs gutwilhglich abgestanden sein vnd die Ehesachen Bepsthchen
Rechten vnd Decreten vnterworffen. Zum vierden, das viel jrthumb vnd vnrath sich
zutragen wurde, wo m diesem falle die alten Keiserlichen Rechte solten widerumb
von den vrsachen der Ehescheidung auffgerichtet werden. Zum funfften, das dis Be-
dencken auch zu weit sihet auff Mosen vnd seine Gesetze vnd nachlassungen von
der Ehescheidung als es sich geburet. Denn was gehet Moses die Christen an, Vnd
was haben diese mit den vrsachen seiner Ehescheidung zuthun, das einer vmb germ-
ger vrsachen willen als vmb neidt, zorn, hasse, widerwillen, etc. sein Ehelichs Gema-
hel verlassen solte? Denn ja Christus diese form vnd weise zuscheiden auffgehoben
hat, Matth. am 19. Zum sechsten, das es die Schrifft mit gewalt etwa dahin bieget, da-
hm sie doch (eigentlich zureden) nicht kan gezogen werden. Zum siebenden, das es
auch vnterweilen die Keiserlichen Gesetze weiter anzeuhet, dann der eigene ver-
stand mit sich bringet. Zum siebenden [Ed. 3: achten], das es von diesem Argument
oder Schlusrede nur zuuiel helt: Sicut consensus facit Matn[monium]. Ita dissensus
solvit. Gleich wie die veiwilligung die Ehe machet, also loset der vnwillen oder wi-
derwillen die volzogene Ehe auff. Vnd ist solche Schlusrede schier der gantze grund,
darauff dis Bedencken gestellet ist. Denn ja nirgend geschrieben ist, das neidt, zorn,
hasse, widerwillen, etc. gnugsame vrsachen sein zur Ehescheidung. Was aber Moses
hieuon hat 1m funfften Buche am 24. cap. dis hat Chnstus auffgehaben Matth. am 19.
Zum achten [Ed. 3: neundten], das es auch langwirige vnd zufelhge kranckheiten fur
gnugsame vrsachen der Ehescheidung dargibt. Zum neunden [Ed. 3: zehenden], das
es die vnuermüglichkeit oder vntüchtigkeit zu Ehelichen wercken weiter zeuhet, als
sich das gebüret. Denn es diese nicht allein auff Natur vnd Ghedmasse zeuhet, Son-
dern auch auff langwirige vnd beharliche kranckheiten. Zum zehenden [Ed. 3: eilff-
ten], das es die eheliche pflichte so notig anzeuhet, das, wo diese durch langwirige
kranckheit verhindert wird oder ein zeitlang auffhoret, das als dann auch die Ehe
auffhore. Solche vnd dergleichen dinge erfordern, das man dis Bedencken mit be-
scheidenheit lesen mus. Vnd wie wol auch hiennnen leidhche milterung etwas geset-
zet wird, so lst sie doch in so hochwichtigen sachen mcht gnugsam. So viel aber an-
 
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