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BEILAGE ZU NR. 12
lich durch die gedruckten Ausgaben des Erasmus Sarcerius große - wenn auch an-
onyme - Verbreitung.9 In zwei von diesen drei Editionen waren Bucers Aussagen
stets von den sehr kritischen Stellungnahmen des Sarcerius umgeben. So wurde das
wichtigste und umfangreichste Werk Bucers zur Ehe zum großen Teil zusammen
mit diesen Texten rezipiert.
2. Die replikartigen Ergänzungen des Erasmus Sarcerius gehören im engsten
Sinne zu den - wenn auch von Bucer sicherlich ungewollten - Wirkungen der
Schrift »Von der Ehe und Ehescheidung« und lassen diejemgen eheethischen An-
sätze Bucers erkennen, die seine Zeitgenossen als anstößig und mit dem christlichen
Glauben unvereinbar empfanden. Wenn Sarcerius lm folgenden die von den Ansich-
ten Bucers abweichende Lehre und Praxis »unserer Kirchen« referiert, tritt die Re-
zeption der Ehelehre des Straßburger Reformators durch einen Vertreter des sich in
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ausbildenden konfessionellen Luthertums
eindeutig zu Tage.
Beilage zu Nr. 12
Text
Ergänzung i (vgl. oben S. 175,1, textkritische Anmerkung a-a)
Ed. 2, Bl. 22ia-222a; Ed. 3, Bl. 196^-197^.
An den Leser.
Freundlicher vnd gutwilliger Leser,
dis nachfolgende Bedencken etlicher Theologen ist von mir in der ersten edition
nicht gesetzt der meinung, das ichs fur Schnurrecht hielte oder das tch nicht selbst
gesehen, das darinnen viel vngereumtes vnd vnbillichs were, auch vnserer Kirchen
leren vnd gewonheiten zuwider. Denn ich vmb solche dinge wol gewust vnd der-
halben auch meine Censuram, vrteil vnd gericht, wie wol in gemem, darüber gestel-
let, Sondern das man hieraus zu gleich zusehen hette, was weise, kluge vnd versten-
dige Leute wider den alten gebrauch der Ehescheidung vnd auch wider vnserer
Kirchen gebreuche pflegten einzufüren, damit wir vrsache hetten, diesem gantzen
handel weiter nach zutrachten, wie dann die hochste not das erfordern thut. Denn
schier keine jrrigere vnd verwickeltere hendel sein, als eben die Ehesachen. Vnd auff
das gleichwol einem jeden gnug geschehe, so habe ich vber dis Bedencken ethcher
Theologen im anfange des Euangelij gemachet ein sonderhche Censur oder vrteil
gestellet auff alle ratschlege, darinnen vorleubet10, vnd hiemit angezeiget, wie es
9. Noch 1881 refenert Mejer, Zur Geschichte des ältesten protestantischen Eherechts, S. 88—93
— ohne sich über die m Erwägung gezogene Autorschaft Bucers völlig lm klaren zu sein — den Inhalt
des von Sarcerius abgedruckten »Bedencken ethcher Theologen« äußerst ausführlich und staunt
über dessen ungewöhnhche »Weitherzigkeit«.
10. einverleibt, enthalten (sind). Grimm 25 (= XII, 1), Sp. 765 f.
BEILAGE ZU NR. 12
lich durch die gedruckten Ausgaben des Erasmus Sarcerius große - wenn auch an-
onyme - Verbreitung.9 In zwei von diesen drei Editionen waren Bucers Aussagen
stets von den sehr kritischen Stellungnahmen des Sarcerius umgeben. So wurde das
wichtigste und umfangreichste Werk Bucers zur Ehe zum großen Teil zusammen
mit diesen Texten rezipiert.
2. Die replikartigen Ergänzungen des Erasmus Sarcerius gehören im engsten
Sinne zu den - wenn auch von Bucer sicherlich ungewollten - Wirkungen der
Schrift »Von der Ehe und Ehescheidung« und lassen diejemgen eheethischen An-
sätze Bucers erkennen, die seine Zeitgenossen als anstößig und mit dem christlichen
Glauben unvereinbar empfanden. Wenn Sarcerius lm folgenden die von den Ansich-
ten Bucers abweichende Lehre und Praxis »unserer Kirchen« referiert, tritt die Re-
zeption der Ehelehre des Straßburger Reformators durch einen Vertreter des sich in
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ausbildenden konfessionellen Luthertums
eindeutig zu Tage.
Beilage zu Nr. 12
Text
Ergänzung i (vgl. oben S. 175,1, textkritische Anmerkung a-a)
Ed. 2, Bl. 22ia-222a; Ed. 3, Bl. 196^-197^.
An den Leser.
Freundlicher vnd gutwilliger Leser,
dis nachfolgende Bedencken etlicher Theologen ist von mir in der ersten edition
nicht gesetzt der meinung, das ichs fur Schnurrecht hielte oder das tch nicht selbst
gesehen, das darinnen viel vngereumtes vnd vnbillichs were, auch vnserer Kirchen
leren vnd gewonheiten zuwider. Denn ich vmb solche dinge wol gewust vnd der-
halben auch meine Censuram, vrteil vnd gericht, wie wol in gemem, darüber gestel-
let, Sondern das man hieraus zu gleich zusehen hette, was weise, kluge vnd versten-
dige Leute wider den alten gebrauch der Ehescheidung vnd auch wider vnserer
Kirchen gebreuche pflegten einzufüren, damit wir vrsache hetten, diesem gantzen
handel weiter nach zutrachten, wie dann die hochste not das erfordern thut. Denn
schier keine jrrigere vnd verwickeltere hendel sein, als eben die Ehesachen. Vnd auff
das gleichwol einem jeden gnug geschehe, so habe ich vber dis Bedencken ethcher
Theologen im anfange des Euangelij gemachet ein sonderhche Censur oder vrteil
gestellet auff alle ratschlege, darinnen vorleubet10, vnd hiemit angezeiget, wie es
9. Noch 1881 refenert Mejer, Zur Geschichte des ältesten protestantischen Eherechts, S. 88—93
— ohne sich über die m Erwägung gezogene Autorschaft Bucers völlig lm klaren zu sein — den Inhalt
des von Sarcerius abgedruckten »Bedencken ethcher Theologen« äußerst ausführlich und staunt
über dessen ungewöhnhche »Weitherzigkeit«.
10. einverleibt, enthalten (sind). Grimm 25 (= XII, 1), Sp. 765 f.