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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 14): Schriften zu Täufertum und Spiritualismus 1531 - 1546 — Gütersloh, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30651#0260
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256 3. abschliessendes urteil bucers über marpeck

Gott wöl, das es dem Pilgram auch widerfare, welchen der rottengeyst also
hindergangen ¹ hat. Er horte ein gute, gesunde leer von Christo Jesu, vnserem
herren, von warem glauben, der on gute werck nit sein kan. By denen aber
sahe er vyl, bede ² in predigern vnnd zuhorern, das yr gentzlich zuwider
ware, wie freylich auch by jm ³ selb. Des seynen vergaß | 51 ᵛ / 394 |eraber 5
vnnd gewann vnlust ab der leer der predigerr vnnd zuhörer des Euangeli.
Thet nit, wie Paulus vnnd ein iedes recht guts liebhabend hertz thutanseinem
geliebten, das er das gut, so ann jnen, zu erst ersehen vnnd im so vyl hette gelten
lassenn, das er Gott des were danckbar gewesenn vnnd sich solcher hertzlich
angenommen ⁴ ,die angefangne gnad ann jnen geprysenn ⁵ ,byseinem 10
eygen gebrechen gelernt, mit der anderen gebrechen ein mitleiden zuhabenn
⁶ vnnd sie aber getrewlich zu besserenn allen fleyß ankeret hette, Sonder
hat alsobald nach anderen leerenn gefraget, von Jerusalem gon Bethel gangen
⁷ ,vnnd so bald er gehört von denen, die mit strenge des lebens ein anders
fürgaben, haben jm die selbigen geliebet ⁸ ;daists alles die warheyt gewesenn. 15
Des hat er sich dann so hefftig angenommen (wie dan das fleisch alweg inn
seynen findlin ⁹ hefftiger ist, dan jn gottes lere), das er drob ist vertryben
worden.

Da ist er dan schon ein bekenner vnnd halber martyrer worden, hat müssen
ein fürsteher ʰ¹⁰ sein, die schrifft wissenn vnnd den geyst gottes reyhlich ha- 20
ben, Damit ¹¹ dan die lieb vnnd achtung der fürgenommenen rottung zugenommen
hat vnnd ist gentzlich befestiget worden. Da dichtet er nun dag vnd

h) korr. aus: fürseher.

1. betrogen, getäuscht. Grimm 10 (= IV,2), Sp.1502.
2. bede ... vnnd: sowohl ... als auch.
3. sich.
4. Vgl. Röm 1,8; Phil 1,3–4; IThess 1,2; 2,13; IIThess 1,3.
5. Vgl. IKor 1,4–5.
6. Vgl. II Kor 1,8–10; 11,30; 12,5.7–10; Röm 7,14–25.
7. Wohl eine Anspielung auf Bethel als Mittelpunkt eines von Jerobeam I. (926–907
v. Chr.) eingeführten heidnischen Kultes (I Reg 12,32), den die Propheten als Götzendienst
ablehnten (Am 3,14 und 4,4–5; Hos 13,1–4; II Reg 10,29) und Josia zerstören ließ (II Reg
23,15). Vgl. hierzu Schunck, Bethel, S. 758,36–41.
8. behagt, gefallen. Götze, S.151.
9. Fündlein, Erfindung, Erdichtung.
10. Die aktuelle Täuferforschung geht davon aus, daß Marpeck im Sommer 1528 von einer
Täufergemeinde in Austerlitz (Mähren) zum Ältesten ordiniert und nach Straßburg geschickt
worden ist, um engere Kontakte zwischen Straßburger und mährischen Täufern
herzustellen (Rothkegel, Marpeck). Einmal in Straßburg angekommen, gelangte er bald zu
einer führenden Position unter den dortigen Täufern und wurde sogar zum Vorsteher einer
Gemeinde (Boyd, Marpeck, S. 61; Klaassen/Klassen, Dissent and Conformity, S.154; Rothkegel,
Marpeck). Vgl. auch MQR 85 (2011), S.7–130.

11. womit.
 
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