280 10. brief der strassburger theologen
worden ᵘ , man wolte vor sehen, wie sich die sachen gemeiner Reformation, so der
keiser vorschliege, schicken wolte. ¹ Nun ᵛ tringen wir vff die nicht vnd lassen vnser
selb besserung auch anstohn; des begeben sich teglich fil ding, daruber wir billich
alle vns hoch bekummeren solten.
Das man von zeitlichem friden fil will sagen, ² so greyfft mans doch, das der nit 5
satt ³ mage gemacht werden on ein gemein recht. So kan kein gemein recht gestellet
werden on gemeine gesetze. Die selbigen kan man dann ie nit setzen, wo man der
Religion onuerglichen bleibet. Es were dann, das man frey zugebe, wer vnser Religion
sein wolte, dar kein sollichs solte zugegeben sein. Dahin hat sich aber der keiser
noch nie bewegen ʷ wöllen lassen oder ˣ auch obristen ˣ . 10
Jm fürschlag der Reformation des kirchendiensts ⁴ ist eins, das wyr ʸ gar gern
wolten, clar vnd ernstlich gemeldet werden. Es ist der fürnemen geheimnussen eine
des Antichristes: Das er alle Gottes hendel in den kirchen mit frembder sprachen
verduncklet, also das die armen leut in filen nationen nichts ⁵ vberal dörffen in irer
sprach von gott lesen, kein Euangelion oder einige götliche schrifft, welche ᶻ die 15
päpstlichen Theologen fur | 203 ʳ | recht erkennen, oder auch Gott in irer sprach anrüffen,
sonder mussen zu Latin betten, welches nun der Keiser im Niderland ⁶ auch
solle gepotten haben ᵃ⁷ . Nun will aber vnser herr, das sein »Euangelion allen creaturen
also gepredigt werde« ⁸ , das ein ieder das in seiner sprachen ᵇ höre, wie am
pfingstag geschahe ⁹ ; darumb auch der herre die gabe der sprachen gegeben hat. Es 20
köndent auch die päpster mit einigem schein nit verantworten, das sie alle Gotteshendel
zu Latin verrichten bei denen völckeren, die das Latin in gemein nit verstohn.
Welches alle alten fur ein heidnisch onsinnig thun gehalten hetten, wie es auch ᶜ bei
u) von Bucer über der Zeile erg. und eingewiesen.
v) danach Buchstabe gestr.
w) danach gestr.: la.
x)–x) von Bucer unter der Zeile erg.
y) von Bucer über der Zeile erg. für gestr.: ich.
z) danach gestr.: schon.
a) danach gestr.: bei 80 Carols guldin.
b) von Bucer korr. aus: sprach.
c) danach gestr.: keiner.
1. Vgl. Lenz I, S. 159.
2. Vgl. CR V, Sp. 646 (Nr.3116).
3. gut, ausreichend.
4. Artikel ›Vom Predigampt und Bischoflichem Regiment‹. CR V, Sp.595–603 (Nr.3114).
5. nichts vberal: überhaupt nichts.
6. im Niderland: in den Niederlanden.
7. Das Edikt Kaiser Karls V. vom 18. Dezember 1544 wurde die Bücherzensur außerordentlich
verschärft. Das Gerücht des Verbots der einheimischen Gebetssprache war dagegen offenkundig
falsch. Zum Verbotshandeln Karls V. vgl. Fühner, Die Kirchen und die antireformatorische Religionspolitik
Karls V., S.298 f.
8. Mk16,15.
9. Vgl. Act 2,4–11.
worden ᵘ , man wolte vor sehen, wie sich die sachen gemeiner Reformation, so der
keiser vorschliege, schicken wolte. ¹ Nun ᵛ tringen wir vff die nicht vnd lassen vnser
selb besserung auch anstohn; des begeben sich teglich fil ding, daruber wir billich
alle vns hoch bekummeren solten.
Das man von zeitlichem friden fil will sagen, ² so greyfft mans doch, das der nit 5
satt ³ mage gemacht werden on ein gemein recht. So kan kein gemein recht gestellet
werden on gemeine gesetze. Die selbigen kan man dann ie nit setzen, wo man der
Religion onuerglichen bleibet. Es were dann, das man frey zugebe, wer vnser Religion
sein wolte, dar kein sollichs solte zugegeben sein. Dahin hat sich aber der keiser
noch nie bewegen ʷ wöllen lassen oder ˣ auch obristen ˣ . 10
Jm fürschlag der Reformation des kirchendiensts ⁴ ist eins, das wyr ʸ gar gern
wolten, clar vnd ernstlich gemeldet werden. Es ist der fürnemen geheimnussen eine
des Antichristes: Das er alle Gottes hendel in den kirchen mit frembder sprachen
verduncklet, also das die armen leut in filen nationen nichts ⁵ vberal dörffen in irer
sprach von gott lesen, kein Euangelion oder einige götliche schrifft, welche ᶻ die 15
päpstlichen Theologen fur | 203 ʳ | recht erkennen, oder auch Gott in irer sprach anrüffen,
sonder mussen zu Latin betten, welches nun der Keiser im Niderland ⁶ auch
solle gepotten haben ᵃ⁷ . Nun will aber vnser herr, das sein »Euangelion allen creaturen
also gepredigt werde« ⁸ , das ein ieder das in seiner sprachen ᵇ höre, wie am
pfingstag geschahe ⁹ ; darumb auch der herre die gabe der sprachen gegeben hat. Es 20
köndent auch die päpster mit einigem schein nit verantworten, das sie alle Gotteshendel
zu Latin verrichten bei denen völckeren, die das Latin in gemein nit verstohn.
Welches alle alten fur ein heidnisch onsinnig thun gehalten hetten, wie es auch ᶜ bei
u) von Bucer über der Zeile erg. und eingewiesen.
v) danach Buchstabe gestr.
w) danach gestr.: la.
x)–x) von Bucer unter der Zeile erg.
y) von Bucer über der Zeile erg. für gestr.: ich.
z) danach gestr.: schon.
a) danach gestr.: bei 80 Carols guldin.
b) von Bucer korr. aus: sprach.
c) danach gestr.: keiner.
1. Vgl. Lenz I, S. 159.
2. Vgl. CR V, Sp. 646 (Nr.3116).
3. gut, ausreichend.
4. Artikel ›Vom Predigampt und Bischoflichem Regiment‹. CR V, Sp.595–603 (Nr.3114).
5. nichts vberal: überhaupt nichts.
6. im Niderland: in den Niederlanden.
7. Das Edikt Kaiser Karls V. vom 18. Dezember 1544 wurde die Bücherzensur außerordentlich
verschärft. Das Gerücht des Verbots der einheimischen Gebetssprache war dagegen offenkundig
falsch. Zum Verbotshandeln Karls V. vgl. Fühner, Die Kirchen und die antireformatorische Religionspolitik
Karls V., S.298 f.
8. Mk16,15.
9. Vgl. Act 2,4–11.