Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0236
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
GETREWE WARNUNG GEGEN JACOB KAUTZ

231

eine Anfrage aus Konstanz veranlaßt wurde, darüber Erkundigungen
einzuziehen, gab Capito an, Hetzer sei vor etwa anderthalb bis zwei
Jahren nach Straßburg gekommen und habe ungefähr einen Monat
lang bei ihm gewohnt. »Als er ihn aber wankelmütig und weitschweifig
befunden, des widertaufs auch verdacht gehabt, hab er sich sein ent-
schlagen 13«. Da Hetzer Ende Januar 1527 noch in Straßburg weilte 14,
wird im Zusammenhang mit den Angaben Capitos sein Straßburger
Aufenthalt etwa von Mitte Dezember 1526 bis Ende Januar 1527 an-
zusetzen sein 15. Daß Hetzer in Straßburg irgendwie öffentlich hervor-
getreten sei, wird nirgends berichtet; er war wohl damals vornehmlich
mit seiner Prophetenübersetzung beschäftigt. Wie weit die nach Konstanz
gelangte Kunde, Hetzer habe in Straßburg »durch etwas heimliche
practicken underm schirm evangelischer lere unruw anzerichten under-
standen, darzu mit sunderbaren Personen unerbarlich gehandlet 16« als
begründet anzusehen ist, wird sich schwer ausmachen lassen. Der von
Capito ausgesprochene Verdacht deutet doch darauf hin, daß Hetzer
wenigstens insgeheim zu den Straßburger Täuferkreisen in Beziehung
getreten ist. Im Gegensatz zu Hetzer hat Denck, der im November nach
Straßburg kam, dort großes öffentliches Aufsehen erregt. Am 22. Dezem-
ber fand in der Predigerkirche im Beisein von mehreren hundert Bür-
gern eine Disputation zwischen Bucer und Denck statt, ohne daß der
Magistrat vorher davon benachrichtigt war 17. Über den Verlauf des
Gesprächs wissen wir nur so viel, daß von Seiten der Prädikanten Bucer
fast allein als Redner auftrat und daß der Diskussion Dencks Buch »Vom
Gesetz Gottes« zu Grunde gelegt wurde. Die Berichte Gerbels und
Capitos stimmen darin überein, daß Denck es mit großer Geschicklich-
keit verstanden hat, die Unterschiede der Lehrmeinungen zu verschlei-
ern und die Gegensätze in einem unklaren Zwielicht verschwimmen zu
lassen. Aber die Straßburger Prädikanten konnten sich doch der Einsicht

13. Täuferakten, Bd. 4, S. 455, Nr. 459.

14. E. Staehelin II, S. 6, Nr. 457.

15. So auch G. Goeters, a.a.O., S. 87, Anm. 3, und S. 88, Anm. 1, im Gegensatz
zur älteren Literatur, die das Eintreffen Hetzers schon in den November oder gar
in den Sommer verlegen wollte.

16. Täuferakten, Bd. 4, S. 454, Nr. 457. Daß Hetzer ein Gespräch mit Michael
Sattler führte, erwähnt B. im vorletzten Abschnitt der unten abgedruckten Schrift.
Er fügt aber ausdrücklich hinzu, daß es nicht zu einem Einvernehmen zwischen ihnen
kam und daß sich Hetzer sehr abfällig über Sattler äußerte.

17. Hierüber berichten mehrere Quellen: 1. Das Ratsprotokoll vom 24. Dezember,
aus dem hervorgeht, daß der Rat erst am Tage selbst Kunde von der Disputation
erhielt und darauf sofort zwei Ratsherren entsandte (Straßburg, Stadtbibl., Hs. 745,
Bl. 50). 2. Das Tagebuch des Nikolaus Gerbel (Straßburg, Thomas-Archiv 38,2).
3. Der Bericht Capitos an Zwingli vom 26. Dezember, CR 95, Zw 8, S. 819, Nr. 564. -
Die Zahl der anwesenden Bürger wird von Gerbel mit 200, vom Ratsprotokoll mit
fast 400 angegeben.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften