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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0237
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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528

nicht verschließen, daß Dencks Lehrsätze von den ihrigen himmelweit
abwichen, und auch der Magistrat muß zu dieser Überzeugung gelangt
sein, da er die sofortige Ausweisung verfügte. Am Weihnachtstag hat
Denck Straßburg verlassen, um sich über Bergzabern und Landau nach
Worms zu begeben. Etwa zur gleichen Zeit, jedenfalls am Jahresende,
fand ein Verhör der fünf Wiedertäufer Jörg Tucher, Jakob Groß,
Wilhelm Echsel, Matthis Hiller und Jörg Ziegler statt, die dann eben-
falls von der Ausweisung betroffen wurden 18. Auch nach der Jahres-
wende hatte man sich weiterhin mit den Einwirkungen des Täufertums
zu befassen. Im Januar 1527 mußte Clemens Ziegler in Haft gelegt
werden, weil er in dem benachbarten rechtsrheinischen Dorf Kork in
tumultuarischer Weise den Gottesdienst gestört hatte 19, und im April
wußte Capito zu berichten, daß die Täufer scharenweise in Straßburg
auftraten 20.

Dieser kurze Blick auf die Straßburger Verhältnisse zeigt deutlich,
daß die dortigen Prädikanten allen Anlaß hatten, den um sich greifen-
den Fortschritten der täuferischen Bewegung mit sorgenvollem Miß-
trauen gegenüberzustehen. Als daher die Kunde von den Wormser
Vorgängen zu ihnen gelangte, mußte es Bucer für geboten erachten,
zum Zweck einer Festigung und Klärung der kirchlichen Zustände in
Straßburg mit einer offenen Darlegung seiner Ansichten Stellung zu
nehmen, nicht nur gegen Kautz selbst, sondern auch gegen Denck und
Hetzer, die nach der Meinung der Straßburger als die eigentlichen
Anstifter der Wormser Wirren zu betrachten waren 21. Hieran war
jedenfalls so viel richtig, daß die Kautzschen Thesen, wenn auch ihre
etwas vergröberte und agressive Formulierung dem Verfasser allein
zuzuschreiben ist, doch aus dem Nährboden der Denckschen Theologie
hervorgewachsen waren, und es kann deshalb keine Verwunderung
erwecken, daß Bucers Entgegnung vor allem auf eine Abrechnung mit
den Lehrsätzen Dencks abgestimmt war. So wird Denck nicht nur des
öfteren im Text unmittelbar genannt und als Urheber der Kautzschen
Meinungen bezeichnet, sondern es wird auch in Randglossen auf die
Summa seiner Lehre und seine schwersten Irrtümer ausdrücklich hin-
gewiesen.

Die Warnungsschrift des Jahres 1527 stellt Bucers erste öffentliche

18. Vgl. C. A. Cornelius: Geschichte des Münsterischen Aufruhrs II. 1860.
S. 267ff.

19. Straßburg, Thomas-Archiv, Var. eccl. 1a, Bl. 333.

20. 8. April 1527 an Zwingli, CR 96, Zw 9, 87, Nr. 605.

21. Capito an Zwingli, 9. Juli 1527: »... articulos Cucii quos ille a Dencio et Hezero
hausit... Tantas turbas Hetzerus praecipue dedit«, CR 96, Zw 9, 172. B. in der unten
abgedruckten Schrift: »seinen schulmeyster Hans Dencken, ich weyß nicht ob auch
Hetzern«.
 
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