SCHULGUTACHTEN
395
1. Predicanten suplicieren vmb ein bedenkens
Vom 31. August 1524
Original im Straßburger Thomas-Archiv, Nr. 87. Abdrucke: A. Baum,
S. 192-196; Bd. 1 der deutschen Bucer-Ausgabe, S. 373-376.
An dieser, bereits im ersten Band der deutschen Bucer-Ausgabe voll-
ständig veröffentlichten Supplik beschäftigt uns hier nur der Schluß-
abschnitt, der die Schulfrage zum Inhalt hat (Bd. 1, S. 376, Z. 10-25).
Die Schulfrage wird in dieser Eingabe zum ersten Male während der
Reformationszeit vor den Rat und damit vor die Straßburger Öffent-
lichkeit gebracht 1. Auf die Mißstände im Schulwesen Straßburgs wird
hingewiesen und zugleich wird die Notwendigkeit der Einsetzung von
»frommen, gelerten schulmeistern« zur christlichen und bürgerlichen
Erziehung der Jugend betont.
In nuce enthält dieser Abschnitt über die Schulfrage in Straßburg die
ganze Konzeption, nach der die Reform des Straßburger Schulwesens
in den folgenden Jahren durchgeführt wurde: Dem Rat wird die Voll-
macht und Oberhoheit über das bis dahin auch in Straßburg der Kirche
unterstehende Schulwesen zuerkannt. Christliche und bürgerliche Unter-
weisung sollen Hand in Hand gehen.
In dieser Eingabe wird die Bitte ausgesprochen, der Straßburger Rat
möge für Verhandlungen über die Schulfrage auch den Rat der Prediger
einholen. Dazu sollen Vertreter des Rats benannt werden, »die von
sollichem mit vnß handelten«. Der humanistische Leitgedanke des
»gemeynen nutz«, der auch in Straßburg bei der Neuordnung des
Schulwesens mit Pate gestanden hat und in Eingaben und Entwürfen
zu dieser Frage immer wiederkehrt, begegnet hier zum ersten Male.
Neben Anklängen an Gedanken und Forderungen in Luthers Schrift
»An die Ratsherren« (1524) findet sich auch eine deutliche Anlehnung
an die »Institutio Principis Christiani« (1516) des Erasmus 2.
1. Zur Bedeutung dieser Eingabe vgl. nochmals oben in der historischen Ein-
führung, S. 389 f.
2. Man vgl. unter anderem die Anklänge an Luthers Forderung der Einsetzung
guter Lehrer, WA 15, S. 30, 31 und 44. Zur Anlehnung an Erasmus vgl. den Satz
»dann die hoffnung eines gemeynen nutz vff der jugheit steet« mit dem Satz der
»Institutio Principis« des Erasmus: »Illud in primis admonendus ..., praecipuam rei
publicae spem sitam esse in recta educatione puerorum«, Opp. omn. Bd. IV, Lug-
dunum 1703, 592 E.
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1. Predicanten suplicieren vmb ein bedenkens
Vom 31. August 1524
Original im Straßburger Thomas-Archiv, Nr. 87. Abdrucke: A. Baum,
S. 192-196; Bd. 1 der deutschen Bucer-Ausgabe, S. 373-376.
An dieser, bereits im ersten Band der deutschen Bucer-Ausgabe voll-
ständig veröffentlichten Supplik beschäftigt uns hier nur der Schluß-
abschnitt, der die Schulfrage zum Inhalt hat (Bd. 1, S. 376, Z. 10-25).
Die Schulfrage wird in dieser Eingabe zum ersten Male während der
Reformationszeit vor den Rat und damit vor die Straßburger Öffent-
lichkeit gebracht 1. Auf die Mißstände im Schulwesen Straßburgs wird
hingewiesen und zugleich wird die Notwendigkeit der Einsetzung von
»frommen, gelerten schulmeistern« zur christlichen und bürgerlichen
Erziehung der Jugend betont.
In nuce enthält dieser Abschnitt über die Schulfrage in Straßburg die
ganze Konzeption, nach der die Reform des Straßburger Schulwesens
in den folgenden Jahren durchgeführt wurde: Dem Rat wird die Voll-
macht und Oberhoheit über das bis dahin auch in Straßburg der Kirche
unterstehende Schulwesen zuerkannt. Christliche und bürgerliche Unter-
weisung sollen Hand in Hand gehen.
In dieser Eingabe wird die Bitte ausgesprochen, der Straßburger Rat
möge für Verhandlungen über die Schulfrage auch den Rat der Prediger
einholen. Dazu sollen Vertreter des Rats benannt werden, »die von
sollichem mit vnß handelten«. Der humanistische Leitgedanke des
»gemeynen nutz«, der auch in Straßburg bei der Neuordnung des
Schulwesens mit Pate gestanden hat und in Eingaben und Entwürfen
zu dieser Frage immer wiederkehrt, begegnet hier zum ersten Male.
Neben Anklängen an Gedanken und Forderungen in Luthers Schrift
»An die Ratsherren« (1524) findet sich auch eine deutliche Anlehnung
an die »Institutio Principis Christiani« (1516) des Erasmus 2.
1. Zur Bedeutung dieser Eingabe vgl. nochmals oben in der historischen Ein-
führung, S. 389 f.
2. Man vgl. unter anderem die Anklänge an Luthers Forderung der Einsetzung
guter Lehrer, WA 15, S. 30, 31 und 44. Zur Anlehnung an Erasmus vgl. den Satz
»dann die hoffnung eines gemeynen nutz vff der jugheit steet« mit dem Satz der
»Institutio Principis« des Erasmus: »Illud in primis admonendus ..., praecipuam rei
publicae spem sitam esse in recta educatione puerorum«, Opp. omn. Bd. IV, Lug-
dunum 1703, 592 E.