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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528
166 v 12. Der Predicanten Ordnung eines Gotgevälligen gesangs,
lecta Sabbato nach Cantate anno 1528
Straßburg, Thomas-Archiv, Var. eccl. Ia, f° 166v-167v. Abschrift, 1528.
Für unseren Zusammenhang ist die hier wiedergegebene Einleitung zu dem
Entwurf einer Gottesdienstordnung, der am 16. Mai 1528 vor dem Rat verlesen
wurde, von Bedeutung. Die Mitverfasserschaft Bucers ist hierbei sehr wahr-
scheinlich, aber nicht nachweisbar.
Dieweil in aller schrifft kein a sund noch laster so ernstlich und herb
gestraffet würt alß falscher gottsdienst, so man entweders da mit will
Gott dienen, das er nit befohlen hat, oder aber, das er befohlen, on hertz
und geist übet; Im Geist und der warheit will er angebetten sein 1, vnd
ist jm aller falsch und glyßnerei vndleidlich, hat deßhalb sein volck
alweg vffs hertest geplaget, vnd darumb, das sy mit mund und lefftzen
jm naheten und doch jr hertz fern von jm ware, allen verstandt und
weißheit von jnen genomen 2. Hierumb will allen gotsförchtigen ge-
büren, ein flissig vffsehen zu haben, das nichts fur gottsdienst gehalten
werde, das gott zu wider sey, vnd das, so in jm selbs gottgefellig, mit
geist und warheit geübet werde. Nun ists vnleügbar, das im Kirchen
gesang vil ist, das die Ere, so allein gott zusteht, den Creaturen zugibt,
alß hilff von sünden und anderm übel den abgestorbnen heiligen, auch
andern Creaturen und menschlichen wercken zugeben würdt, dazu ist
das gesang selbs auch fur ein verdienstliches werck, dadurch man ver-
zihung der sünd vnd ander gnad verdiene, gehalten worden.
Weither, ob man schon alles vom gesang, das der schrifft entgegen,
abthete, so ist noch die zal der psalmen, schrifftlich Lectionen und anders
gesangs so groß, das nieman möglich, wie geistlich er doch sey, mit
andacht vnd besserlich vffmerckung solichs alles nach jetzt gesatzter
167 r Ordnung | zu volbringen. Es ist auch solche zal nach dem rechten
verstandt der schrifft abgangen 3 und aberglauben sampt eigenem gesuch
gewachsen, in den vffgang 4 komen, da här ist dann die sach zu letst
dahien geraten vnd wurt also vnder dem schein gottlichen diensts nur
dem buch 5 gedienet.
Was verdrießs und schmach gottes das sey, mogen alle gottsforchtigen
woll ermessen. Darumb wille allen, so Gottes Eer begern, gepüren, wo
a) keind.
1. Vgl. Jo 4,24.
2. Vgl. Jes 29,13f. (Mt 15,8f.).
3. Verloren gegangen.
4. Hier: Gebrauch.
5. Bauch.
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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528
166 v 12. Der Predicanten Ordnung eines Gotgevälligen gesangs,
lecta Sabbato nach Cantate anno 1528
Straßburg, Thomas-Archiv, Var. eccl. Ia, f° 166v-167v. Abschrift, 1528.
Für unseren Zusammenhang ist die hier wiedergegebene Einleitung zu dem
Entwurf einer Gottesdienstordnung, der am 16. Mai 1528 vor dem Rat verlesen
wurde, von Bedeutung. Die Mitverfasserschaft Bucers ist hierbei sehr wahr-
scheinlich, aber nicht nachweisbar.
Dieweil in aller schrifft kein a sund noch laster so ernstlich und herb
gestraffet würt alß falscher gottsdienst, so man entweders da mit will
Gott dienen, das er nit befohlen hat, oder aber, das er befohlen, on hertz
und geist übet; Im Geist und der warheit will er angebetten sein 1, vnd
ist jm aller falsch und glyßnerei vndleidlich, hat deßhalb sein volck
alweg vffs hertest geplaget, vnd darumb, das sy mit mund und lefftzen
jm naheten und doch jr hertz fern von jm ware, allen verstandt und
weißheit von jnen genomen 2. Hierumb will allen gotsförchtigen ge-
büren, ein flissig vffsehen zu haben, das nichts fur gottsdienst gehalten
werde, das gott zu wider sey, vnd das, so in jm selbs gottgefellig, mit
geist und warheit geübet werde. Nun ists vnleügbar, das im Kirchen
gesang vil ist, das die Ere, so allein gott zusteht, den Creaturen zugibt,
alß hilff von sünden und anderm übel den abgestorbnen heiligen, auch
andern Creaturen und menschlichen wercken zugeben würdt, dazu ist
das gesang selbs auch fur ein verdienstliches werck, dadurch man ver-
zihung der sünd vnd ander gnad verdiene, gehalten worden.
Weither, ob man schon alles vom gesang, das der schrifft entgegen,
abthete, so ist noch die zal der psalmen, schrifftlich Lectionen und anders
gesangs so groß, das nieman möglich, wie geistlich er doch sey, mit
andacht vnd besserlich vffmerckung solichs alles nach jetzt gesatzter
167 r Ordnung | zu volbringen. Es ist auch solche zal nach dem rechten
verstandt der schrifft abgangen 3 und aberglauben sampt eigenem gesuch
gewachsen, in den vffgang 4 komen, da här ist dann die sach zu letst
dahien geraten vnd wurt also vnder dem schein gottlichen diensts nur
dem buch 5 gedienet.
Was verdrießs und schmach gottes das sey, mogen alle gottsforchtigen
woll ermessen. Darumb wille allen, so Gottes Eer begern, gepüren, wo
a) keind.
1. Vgl. Jo 4,24.
2. Vgl. Jes 29,13f. (Mt 15,8f.).
3. Verloren gegangen.
4. Hier: Gebrauch.
5. Bauch.
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