Einleitung
1. Die Auseinandersetzung mit Cunrat Treger
Bucers »kurtzer warhafftiger bericht, von Disputationen und gantzem
handel, so zwischen Cunrat Treger, Provincial der Augustiner, und den
predigern des Evangelii zu Straßburg sich begeben hat 1« setzt den Schluß-
strich unter die heftigste und grundsätzlichste Auseinandersetzung der
evangelischen Bewegung in Straßburg mit der Papstkirche, die mit der
Person Dr. Conrad Tregers, des Provinzials der rheinisch-schwäbischen
Provinz des Ordens der Augustiner-Eremiten 2, verknüpft ist.
Die Haltung Tregers ist typisch für eine Zeit, in der alle guten
Kräfte nach einer Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern ver-
langten. Auch der Straßburger Augustinerprior und Ordensprovinzial
hat anfänglich offenbar eine abwartende, wenn nicht gar eine wohl-
wollende Haltung gegenüber den Bestrebungen seines Ordensbruders
Martin Luther eingenommen. Während er einerseits mit aller Entschie-
denheit gegen die Ordensbrüder auftrat, die das Kloster verlassen hatten,
und gegen ihre Beschützer, die Herren von Dahn 3, ließ er andererseits
zur gleichen Zeit (1521) in seinem Kloster über Thesen disputieren, in
denen die strenge augustinische Gnadenlehre erörtert und der Verdienst-
gedanke verdammt wird 4 5. Auch sah er zu, daß einer seiner Mönche
in seinen Predigten lutherische Gedanken vortrug 5. Erst als die evan-
gelische Bewegung an Boden gewann, hielt er es offenbar für richtig,
seinen Standpunkt zu revidieren. Nicht, daß Treger nun, gewissermaßen
als Gegenreaktion zu dieser konsequenten evangelischen Einstellung,
einer Gnadenlehre von der Massivität Tetzels zugefallen wäre und die
1. Bibl. Nr. 7. - Für die Darstellung der Auseinandersetzung zwischen den evan-
gelisch gesinnten Prädikanten und dem Augustinerprovinzial sei auf folgende Unter-
suchungen besonders verwiesen: A. Jung, S. 272ff.; Röhrich: Gesch. I, 1, 1830,
S. 217ff.; J W.Baum, S. 271ff.; A. Baum, S. 85 ff.; N. Paulus: Conrad Treger. In:
Der Katholik (79) 1896, I, S. 439ff.; J. Adam, S. 78f.; H.Eells, S. 34ff.
2. Conrad Treger stammte aus Freiburg in der Schweiz (geb. etwa 1480). Er trat
dort ins Augustinerkloster ein. Nach dreijährigem Studienaufenthalt in Paris, den
er 1509 antrat, wurde er Prior des Freiburger Klosters. Auf dem Provinzial-Kapitel
zu Speyer im Frühjahr 1518 wählte man ihn zum Provinzial der rheinisch-schwäbi-
schen Provinz. Zu der Zeit war Treger bereits Prior zu Straßburg und Regens der
dortigen höheren Ordensschule (vgl. N. Paulus, S. 439f.).
3. Röhrich: Mitt. I, 1855, S. 151 ff.
4. Abdruck bei M. V.E.Kapp: Kleine Nachlese einiger, größten Theils noch
ungedruckter und sonderlich zur Erleuterung der Reformationsgeschichte nützlicher
Urkunden, II. 1727. S. 433 ff.
5. J M. Reu: Quellen zur Geschichte des kirchlichen Unterrichts in der evan-
gelischen Kirche in Deutschland zwischen 1530 und 1600. 1.Teil: Süddeutsche
Katechismen. Gütersloh 1904. S. 23.
1. Die Auseinandersetzung mit Cunrat Treger
Bucers »kurtzer warhafftiger bericht, von Disputationen und gantzem
handel, so zwischen Cunrat Treger, Provincial der Augustiner, und den
predigern des Evangelii zu Straßburg sich begeben hat 1« setzt den Schluß-
strich unter die heftigste und grundsätzlichste Auseinandersetzung der
evangelischen Bewegung in Straßburg mit der Papstkirche, die mit der
Person Dr. Conrad Tregers, des Provinzials der rheinisch-schwäbischen
Provinz des Ordens der Augustiner-Eremiten 2, verknüpft ist.
Die Haltung Tregers ist typisch für eine Zeit, in der alle guten
Kräfte nach einer Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern ver-
langten. Auch der Straßburger Augustinerprior und Ordensprovinzial
hat anfänglich offenbar eine abwartende, wenn nicht gar eine wohl-
wollende Haltung gegenüber den Bestrebungen seines Ordensbruders
Martin Luther eingenommen. Während er einerseits mit aller Entschie-
denheit gegen die Ordensbrüder auftrat, die das Kloster verlassen hatten,
und gegen ihre Beschützer, die Herren von Dahn 3, ließ er andererseits
zur gleichen Zeit (1521) in seinem Kloster über Thesen disputieren, in
denen die strenge augustinische Gnadenlehre erörtert und der Verdienst-
gedanke verdammt wird 4 5. Auch sah er zu, daß einer seiner Mönche
in seinen Predigten lutherische Gedanken vortrug 5. Erst als die evan-
gelische Bewegung an Boden gewann, hielt er es offenbar für richtig,
seinen Standpunkt zu revidieren. Nicht, daß Treger nun, gewissermaßen
als Gegenreaktion zu dieser konsequenten evangelischen Einstellung,
einer Gnadenlehre von der Massivität Tetzels zugefallen wäre und die
1. Bibl. Nr. 7. - Für die Darstellung der Auseinandersetzung zwischen den evan-
gelisch gesinnten Prädikanten und dem Augustinerprovinzial sei auf folgende Unter-
suchungen besonders verwiesen: A. Jung, S. 272ff.; Röhrich: Gesch. I, 1, 1830,
S. 217ff.; J W.Baum, S. 271ff.; A. Baum, S. 85 ff.; N. Paulus: Conrad Treger. In:
Der Katholik (79) 1896, I, S. 439ff.; J. Adam, S. 78f.; H.Eells, S. 34ff.
2. Conrad Treger stammte aus Freiburg in der Schweiz (geb. etwa 1480). Er trat
dort ins Augustinerkloster ein. Nach dreijährigem Studienaufenthalt in Paris, den
er 1509 antrat, wurde er Prior des Freiburger Klosters. Auf dem Provinzial-Kapitel
zu Speyer im Frühjahr 1518 wählte man ihn zum Provinzial der rheinisch-schwäbi-
schen Provinz. Zu der Zeit war Treger bereits Prior zu Straßburg und Regens der
dortigen höheren Ordensschule (vgl. N. Paulus, S. 439f.).
3. Röhrich: Mitt. I, 1855, S. 151 ff.
4. Abdruck bei M. V.E.Kapp: Kleine Nachlese einiger, größten Theils noch
ungedruckter und sonderlich zur Erleuterung der Reformationsgeschichte nützlicher
Urkunden, II. 1727. S. 433 ff.
5. J M. Reu: Quellen zur Geschichte des kirchlichen Unterrichts in der evan-
gelischen Kirche in Deutschland zwischen 1530 und 1600. 1.Teil: Süddeutsche
Katechismen. Gütersloh 1904. S. 23.