Martin Butzers Predig gethon zu Bern. Von der nachvolgung F 3 b
Christi. In: Die predigen, so von den frömbden Predicanten, die
allenthalb här, zu Bern uff dem Gespräch oder disputation ge-
wesen, beschehen sind. Christophorus Froschauer, 1528
5 Geliebten im Herren. Ich sol üch ermanen zum fürgang 1 Christenliches
läbens. Des zu einer anleytung wil ich für mich nemmen die lieplichen
und trostlichen wort unsers Herren, so wir Matth. xi. [28-30] habend,
da er also spricht: Kommend mir alle, die ir bekümmeret und belestiget
sind, ich wil üch ruwen helffen. Nemmend uff üch min joch und lernend von
10 mir, dann ich bin senfftmütig und im hertzen nidrig, so werdend ir üweren seelen
ruw finden: dann min joch ist lind und min last lycht. In disen worten laßt
uns wol bedencken, wär der sye, der uns zu im berüffe, wie man zu im
komme, welchen er rüffe und wozu er inen rüffe.
Zum ersten, so wir sehen wöllend, wär der sye, der uns rüfft, so sagt
15 er selbs ein wenig vor den angezognen worten [v. 27]: Alle ding sind
mir geben von minem vatter und nyemandt erkennt den sun, dann nur der vatter,
und nyemandts erkennet den vatter, dann nur der sun und demsder sun wil offen-
baren. Nun sehend, lieben fründ, wär der sye, der uns zu im rüffet: der
vatter hat im alles geben. Ir sehend, wie die weltkinder gern dem
20 dienent, von dem sy am meysten zu hoffen habend. Es bietend | zwen F 4 a
herren sold an, so zücht man dem am liebsten zu, der den rychesten
sold gibt. Nun, so aller wyten welt gwalt in eines menschen hand stünde,
was kan er noch helffen oder geben, das nit in einem ougenblick vergon
mag; wie mögend wir doch so torechtig sin, das wir uns an yedermans
25 verheyssen nun kerend, dann dises unsers Allmechtigen herren und
heylands ? Nun sagt er: Mir hats der vatter alles geben; wiltu rychthumb ?
er gibt dirs, das du keyns guten ewigklich mangel habest; wilt du eer?
er bringt dich vor sinem vatter und allen englen zu sölichen eeren, die
ewig wärt, die allein ein rechte eer ist. Wiltu fröud und wollust? er gibt
30 sy volkommen und ewig. Wiltu leben? er gibt, das selig ist und kein
end nimpt; warumb? Der vatter hats im alles geben und darzu, das er
allen, die im der vatter gebe, das ewig leben gebe, Joannis am 6. [39;
44; 65] und 10. [29]. Warumb das alles? es hat dem vatter also wol-
gfallen, durch in alles zurechtbringen und ußmachen 2, das in himmel
35 und erden ist. Ephes. 1 [10]. Darumb ist er ouch über alle irdisch und
himmelisch Creaturen zu eim herren erhöcht. Sehend was für ein herr
sye, der uns zu im rüffe. Wär solt nit gern alle welt, ja sin eygen läben
verlassen und dem herren zulouffen. Wir aber söllend fürnemlich deß
1. Fortschritt.
2. Zu Ende bringen; Vulgata: instaurare.
Christi. In: Die predigen, so von den frömbden Predicanten, die
allenthalb här, zu Bern uff dem Gespräch oder disputation ge-
wesen, beschehen sind. Christophorus Froschauer, 1528
5 Geliebten im Herren. Ich sol üch ermanen zum fürgang 1 Christenliches
läbens. Des zu einer anleytung wil ich für mich nemmen die lieplichen
und trostlichen wort unsers Herren, so wir Matth. xi. [28-30] habend,
da er also spricht: Kommend mir alle, die ir bekümmeret und belestiget
sind, ich wil üch ruwen helffen. Nemmend uff üch min joch und lernend von
10 mir, dann ich bin senfftmütig und im hertzen nidrig, so werdend ir üweren seelen
ruw finden: dann min joch ist lind und min last lycht. In disen worten laßt
uns wol bedencken, wär der sye, der uns zu im berüffe, wie man zu im
komme, welchen er rüffe und wozu er inen rüffe.
Zum ersten, so wir sehen wöllend, wär der sye, der uns rüfft, so sagt
15 er selbs ein wenig vor den angezognen worten [v. 27]: Alle ding sind
mir geben von minem vatter und nyemandt erkennt den sun, dann nur der vatter,
und nyemandts erkennet den vatter, dann nur der sun und demsder sun wil offen-
baren. Nun sehend, lieben fründ, wär der sye, der uns zu im rüffet: der
vatter hat im alles geben. Ir sehend, wie die weltkinder gern dem
20 dienent, von dem sy am meysten zu hoffen habend. Es bietend | zwen F 4 a
herren sold an, so zücht man dem am liebsten zu, der den rychesten
sold gibt. Nun, so aller wyten welt gwalt in eines menschen hand stünde,
was kan er noch helffen oder geben, das nit in einem ougenblick vergon
mag; wie mögend wir doch so torechtig sin, das wir uns an yedermans
25 verheyssen nun kerend, dann dises unsers Allmechtigen herren und
heylands ? Nun sagt er: Mir hats der vatter alles geben; wiltu rychthumb ?
er gibt dirs, das du keyns guten ewigklich mangel habest; wilt du eer?
er bringt dich vor sinem vatter und allen englen zu sölichen eeren, die
ewig wärt, die allein ein rechte eer ist. Wiltu fröud und wollust? er gibt
30 sy volkommen und ewig. Wiltu leben? er gibt, das selig ist und kein
end nimpt; warumb? Der vatter hats im alles geben und darzu, das er
allen, die im der vatter gebe, das ewig leben gebe, Joannis am 6. [39;
44; 65] und 10. [29]. Warumb das alles? es hat dem vatter also wol-
gfallen, durch in alles zurechtbringen und ußmachen 2, das in himmel
35 und erden ist. Ephes. 1 [10]. Darumb ist er ouch über alle irdisch und
himmelisch Creaturen zu eim herren erhöcht. Sehend was für ein herr
sye, der uns zu im rüffe. Wär solt nit gern alle welt, ja sin eygen läben
verlassen und dem herren zulouffen. Wir aber söllend fürnemlich deß
1. Fortschritt.
2. Zu Ende bringen; Vulgata: instaurare.