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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 2): Schriften der Jahre 1524 - 1528 — Gütersloh, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.29139#0235
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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528

um die Erwählten Gottes zu Worms, an die ihr Schreiben formell
gerichtet ist, vor Kautz und seinen Anhängern zu warnen, sondern auch,
um den Umtrieben in ihrer eigenen Stadt durch eine öffentliche Wider-
legung der abweichenden Lehrmeinungen wirksam zu begegnen. Wie
nötig eine solche Warnung war, konnte niemand besser beurteilen, als
Bucer und seine Helfer, die seit Jahren in ihren Bemühungen um den
Aufbau einer kirchlichen Ordnung in Straßburg durch die Einflüsse
mannigfacher Sektenbewegungen aufs empfindlichste gehemmt und
behindert waren. Das von milder Zurückhaltung bestimmte Verhalten
des Straßburger Magistrats hatte nicht nur unruhigen einheimischen
Elementen eine fast ungestörte Wirksamkeit gestattet, sondern schließ-
lich dazu geführt, daß die Stadt geradezu einen Zufluchtsort bildete für
solche Vertreter ausserkirchlicher Bewegungen, die aus anderen Städten
ausgewiesen waren und nach neuen Wirkungskreisen suchten. Diese
Entwicklung hatte schon im Jahre 1524 eingesetzt, als der Gärtner
Clemens Ziegler aus dem Vorort Ruprechtsau durch seine Predigten
und Schriften mancherlei Unruhe erregte und bald darauf auch Karlstadt
bei einem allerdings nur kurzen Aufenthalt in der Stadt abweichende
Meinungen über die Taufe und das Abendmahl verbreitete. Im folgen-
den Jahr trat dann äußerlich eine gewisse Beruhigung ein, so daß Capito
im November 1525 dem Ambrosius Blarer melden konnte: »Ecclesia
nostra ... quieta ab anabaptistis et reliquis turbatoribus 10«. Aber das
war nur die Stille vor dem Sturm, denn im Jahre 1526 sahen sich die
Prädikanten einer wahren Massen-Invasion täuferischer Elemente aus-
gesetzt. Zunächst erschien im März Wilhelm Reublin 11. Im Mai hatten
die Prädikanten eine Disputation mit dem Weber Hans Wolff aus dem
elsässischen Städtchen Benfeld, der nachher durch sein aufrührerisches
Benehmen im Münster unliebsames Aufsehen erregte und im Juni aus-
gewiesen wurde 12. Im Spätjahr waren dann neben Martin Cellarius
einige führende Persönlichkeiten der täuferischen Bewegung gleich-
zeitig in Straßburg anwesend: Michael Sattler, Ludwig Hetzer und
Hans Denck. Über Hetzers Aufenthalt in Straßburg sind wir nur dürftig
unterrichtet. Als der Straßburger Magistrat im Dezember 1528 durch

von Konrad Hubert aufgestellten Verzeichnis der Schriften B.s (Straßburg, Thomas-
Archiv 40) aufgeführt wird.

10. Vgl. Schiess, Bd. 1, S. 125, Nr. 98.

11. Der »anabaptista tuus Wilhelmus«, über den Capito am 4. April 1526 an
Zwingli berichtete (CR 95,Zw 8,S. 557,Nr. 465) ist jedenfalls nicht Wilhelm Echsel,
wie die Herausgeber im Anschluß an J. W. Baum, S. 361 annehmen, sondern eben
Reublin, der schon einige Tage vorher im Straßburger Ratsprotokoll erwähnt
wird.

12. Straßburg, Stadtbibl., Hs. 745, Bl. 46v., 47v. Vgl. auch die Berichte Capitos
und B.s, CR 95, Zw 8, Nr. 481, 482, 494.
 
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