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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0094
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OBRIGKEITSSCHRIFTEN

dem Kaiser Ludovico gestanden, das der alles sein leben zu richten hette und derhalb
sich des Kaisers gericht aufs demutigest sich begeben, wie wir das lesen 2.q.7. Nos si 238 :
»Haben wir«, schreibt er, »etwas ungebürlichs gehandlet und uns gegen den under-
thonen nit nach dem gesatz und rechten steyf gehalten 239 , so wollen wir durch ewer
gericht alles, so von uns mag mißgehandlet sein, besseren. Dann so wir die anderen ;
sünden straffen und besseren sollen, ergers begehn, werden wir nit junger der warhait,
sonder, das ich mit schmertzen rede, maister der irrthumb sein. Derhalb ruffen wir
Ewer Majestat güte mit grossem ernst an, das ir wolt in dise ort zü erfaren dise sachen,
davon ich rede, solche männer schicken und verordnen, die Gott in alleweg fürchten
und alle ding fleyssig erforschen, als so E[uer] Kü[nigliche] Majefstät] selbs zugegen 10
gewesen wäre. Und ist unser begeren, das dieselbigen männer nit allain gemelte sachen,
sonder, es seyen grosse oder klaine hendel, die inen von uns mogen anzaigt sein, alles
auf das scherpfest ersüchen, Auf das durch ir verhor und gericht alle ding zum end
bracht und verrichtet werden, das hernacher nichts seye, das unerwegen und unent-
schlossen seye 240 .«. Diß hat diser Bapst Leo der vierdt an Kaiser Ludovichen ge- 15
schriben.
Hart: So weyt wurde sich Bapst Leo der zehend Kayser Maximilian hochloblicher
gedächtnuß Oder unserem yetzigen Kaiser Carolo dem fünfften nicht bald begeben
haben. Ach, | H ia | wahin habens die güten Kaiser kommen lassen? Sinnp: Dahin man
sy gewysen hat und dahin auch die alten frummen Kaiser sich begeben haben. Lese man 20
die 96. distinction, da wirdt gemeldet, das der Kayser Constantinus den Bapst ain Got
genennet habe. So solle es ye nicht, das menschen wolten Gott richten 241 . Es sollen die
Kayser und Künig thün wie die Sün Noe 242 : Wenn sy schon etwas ungeschickts von
gaystlichen vernemen, dasselbig verdecken und sich halten, wie an disem ort eingefü-
ret wirdt, das Constantinus der Kayser gesagt habe: »Wenn ich mit meinen aigen augen 25
ainen Priester Gottes oder deren ainen, die mitt Münchklayderen beklaidet seind, hette
sünden gesehen, ich wolte meinen mantel außzogen und in damit bedecket haben, das
in niemand hette gesehen.« 243
Frid: Lieber Sinnprecht, das ich das letst zum ersten verantworte: Die liebe bedecket
ja die menige der sünden 244 , und wir seind das alle ainander schuldig, das wir die 3°
sünden, die uns allain wissent seind, decken und verbergen. Aber dabey auch die sünde
unser nächsten durch brüderliche straff und vermanung zü haylen nicht verlaßsen.
Und wa das durch besondere warnung weder aintzlich noch mit zeügen beschehen nit
sein wolte, da haißt der Herre, die sach der Kirchen fürbringen 245 . Da gilt dann, das der
condita ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII. Hrsg. von Ph.Jaffe'. 2. korr. und
verm. Aufl. Leipzig 1885/88. Nr. 946 (Nachdruck Graz 1956).
238. Decr. Grat., C. II qu. 7. c. 41. — Vgl. oben S. 83, Anm. 201.
239. Richtig verhalten.
240. Nicht erwogen oder nicht entschieden.
241. Decr. Grat., D. XCVI. c. 7. 8. (a pio principe Constantino ... Deum appellatum; ebd.
c. 7).
242. Söhne Noahs; vgl. 1 Mos 9,21—23.
243. Decr. Grat., D. XCVI. c. 8.
244. Vgl. iPetr4,8.
245. Vgl. Mt 18,15—17.
 
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