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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0179
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DIALOGI

175

Mochte darumb1 ain biderman832 auch zu gefallen seiner oberkait, die im derolay
ampter befolhen, ettwas thun, das solchem ampt zuwider ware oder underlassen, das
sollich ampt für sich selb erforderet? Als der ain vogt und vormundt ainer Wittwen
sein solle, mochte der auf gehaiß der oberkait, die im diß ampt befolhen, seiner vogt-
tohhter, der Wittwen, schaden thün und nutz verlassen, Ain schülmaister seine jungen
unrecht leeren, Ain prediger fälschlich predigen und der | [Y ib] j gleichen andere in
anderen ämptern wider die wesentliche aigenschafft solcher ämpter handlen, wenn das
die erfordereten, die solche ämpter gelühen haben? Sinnp: Was unrecht ist, solle man
nieman zülieb thün. Welche oberen auch solchs fürdereten, die geben kain maß den
ämpteren, sonder zerstoreten die ämpter. Ain vogt sein ist der vogttochter nutz
schaffen, Ain schülmaister, die kinder recht leeren, Ain prediger, Christlich predigen.
Frid: Also, was wäre das anders dann das ampt der oberkait zerstoren, so ainem der
oberst gwalt in ainer Statt geben wurde und im aber befolhen, das üblest übel nit
abzuschaffen, so doch solch ampt nichts anders ist, dann soweit yedes schwert und stab
raychet, nach dem besten vermogen alles übel abschaffen und das güt pflantzen? 833Das
künde kain maß sein, sonder wäre ain gantzes brechen des ampts der oberkait und wäre
eben als so ainer ain hyrten ainer gemain dingete834 und befelhe im, das er die schaf woi
waydete und irem schaden fürkeme und abwendete: So doch, das er nicht darnach
fragete, wenn sy gleich auf verderbliche wayd gefüret wurden oder das sy der wolff
fresse. Ob liebe brüder, gedechten wir, was den menschen an der rechten Religion
gelegen ist und was da vermag ain güter hyrt sein, wie dann sein sollen alle oberen, dise
frag wurde uns nit also schwäre sein, was in disen sachen yeder oberkait gebürete.
Sinnp: Nun kan ich das noch nitt fassen. Gibt man doch in ainer Stat etlichen das
gericht über die fräveler mit worten, anderen über die fräveler mit schlagen, anderen
über die schuld835. Wenn nun yeder in dem sein gericht recht und wol übet, hatt er
nicht genüg gethon? Frid: Ja. Sinnp: Warumb sollen dann die oberen, denen der Kaiser
über die weltlichen wol allen gewalt zü regieren gibt, aber nit über die gaistlichen, irem
ampt nit auch genügthün, wenn sy die weltlichen wol regieren und befelhen die gaistli-
chen Gott und dem Kaiser?
836Frid: Erstlich, Mein Sinnprecht, mag kain Kaiser die oberest oberkait des
schwerdts ainer Statt oder Land yeman befelhen und im aber dabey gebieten, gegen
ettlichen in solcher | Y 2a | Statt oder Land, die er schon auß dem wort Gottes aygent-
lich wüßte und sehe Got offentlich und zum grausamesten lesteren und die anderen
zum gefärlichesten ergeren, nit zü gebrauchen. Es wäre sollich gebot ye nichts anders
dann wie yetz vom hyrtenampt gesagt ist, das man ainem die schäflin befelhe zü way-
den und zü bewaren und gebutte im aber dabey, wenn dieb, morder und wolff kemen,
1) daurmb.

833. Gleichniß von aines hirten ampt. [Marg.]. Vgl. Jo 10, 1—16.
834. Verpflichtete, für Lohn in Dienst nähme.
835. Eine der Rechtsprechung entliehene Einteilung der Jurisdiktionsgewalt; s. oben Einlei-
tung S. 41, Anm. 5.
836. Im hefelhe der oberkait soll kain ühelthdter außgenommen iverden. [Marg.].
 
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