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OBRIGKEITSSCHRIFTEN
raubten und würgeten die schäflin, das er sich das nitt anneme. Nieman, der Kaiser.
Maje. ir ehren gunnet, wirdt sollich messigung des gewalts Kaiser. Majestat zümessen.
Zum anderen, Weyl in dem menschlichen leben die Religion das notwendigest und
das fürnemest ist, wie kan man das ampt der oberkait recht verwalten, das ist, das
menschlich leben recht und wol anstellen, so man nit vor allem versehen soll, das es der
Religion halb recht und wol gehandlet werde, das ist, daß das arm volcklin recht und
Christlich geleret und zü aller gotsäligkait in den Kirchenübungen angefüret werde?
Fälet es an der Religion, so fälet es doch an der frümbkait und also auch an allem glück
und hayl.
837Sinnp: Es ist wol war. Ich kan da nit hinüber. Wie, wenn wir uns aber an dem
verniegen838 liessen, das unsere oberen uns rechte prediger bestelleten und schieffen839,
das die Ivirchenordnungen Christlich gehalten wurden, und liessen die pfaffen ir ding
für sich auch machen? Hart: Thäten wir aber in dem nit wider die Abschyd und das
Wormisch edict840 und griffen den Pfaffen in ir thün? Sinnp: In dem trybe uns aber die
unvermeydliche notdurfft. Frid: Waher?
Sinnp: Da konnen wir ye nicht on die ware Religion recht und haylsamlich leben,
und mochten unsere oberen, so sy unsere väter und hyrten sein sollen, das gegen Got
nit verantworten, das sy uns solten lassen durch falsche leere und abgotterey an seel
und leib verderbet werden. Hart: Ey, das gestehn dir die pfaffen nicht, auch Kai. Ma.
nicht, das der pfaffen leer falsch und ir thün abgotterey seye. Sinnp: Unsere oberen
erkennends aber. Hart: Sy sollen aber hierüber nicht richten. Sinnp: Was sy im hailigen
wort Gottes sehen, das müssen sy | [Y 2b] | auch Gott zü ehren bekennen und darnach
handlen. Da müssen sy Gott mehr dann den menschen gehorsamen841.
Hart: Ey, das vil leüt, ja yederman angeht, wie die Religion ist, darin sollen beson-
dere leüt und gleich auch besondere oberen nit enderung fürnemen. 842Sinnp: Ja, für
andere. Dennocht müß ain yeder für sich Got gehorchen und wenngleich die gantze
welt in verachtete. Frid: Wol geantwortet. Wenn Kai. Maje. allen Stenden in gemain
gebutte, etwas zu thün, wirdt der ye billich der gehorsame843 vor anderen gelobet, der
vor anderen Kai. Maje. gehaiß thüt,' ob gleich sollich gehaiß yederman angeht. 844Und
wenn wir drey ain gemain mal hetten bestellet auß gemainem kosten, wurde wol nicht
gebüren, das ich oder du das wolten allain gar niessen oder sunst dem Hartmüten
seinen thail nemen. Wenn er aber nicht wolte bey rechter zeytten zü disem mal kom-
men oder wolte sein gar nicht, solten ich und du darumb fasten schlafen gohn? Die
gesunde leere Christi und die hailigen Sacramenten seind ja wol ain gemain mal, dazü
der Herr alle Christen, ja alle menschen berüffet. Das aber nun andere nit wollen, solten
837. Ob es genüg sej, da^ ivir die gesunde leer baben, ungeachtet, ivas^ die Pfaffen darneben treiben.
[Marg.].
838. Begnügen.
839. Veranlaßten (»schüfen«).
840. Vgl. oben S. 167, Anm. 768.
841. Vgl. Apg 5,29.
842. A.inyeder müsse für sich selbs Got gehorchen. [Marg.].
843. Genitiv von Gehorsame (fem.); wegen des Gehorsams.
844. Schone gleychnuß. [Marg.].
OBRIGKEITSSCHRIFTEN
raubten und würgeten die schäflin, das er sich das nitt anneme. Nieman, der Kaiser.
Maje. ir ehren gunnet, wirdt sollich messigung des gewalts Kaiser. Majestat zümessen.
Zum anderen, Weyl in dem menschlichen leben die Religion das notwendigest und
das fürnemest ist, wie kan man das ampt der oberkait recht verwalten, das ist, das
menschlich leben recht und wol anstellen, so man nit vor allem versehen soll, das es der
Religion halb recht und wol gehandlet werde, das ist, daß das arm volcklin recht und
Christlich geleret und zü aller gotsäligkait in den Kirchenübungen angefüret werde?
Fälet es an der Religion, so fälet es doch an der frümbkait und also auch an allem glück
und hayl.
837Sinnp: Es ist wol war. Ich kan da nit hinüber. Wie, wenn wir uns aber an dem
verniegen838 liessen, das unsere oberen uns rechte prediger bestelleten und schieffen839,
das die Ivirchenordnungen Christlich gehalten wurden, und liessen die pfaffen ir ding
für sich auch machen? Hart: Thäten wir aber in dem nit wider die Abschyd und das
Wormisch edict840 und griffen den Pfaffen in ir thün? Sinnp: In dem trybe uns aber die
unvermeydliche notdurfft. Frid: Waher?
Sinnp: Da konnen wir ye nicht on die ware Religion recht und haylsamlich leben,
und mochten unsere oberen, so sy unsere väter und hyrten sein sollen, das gegen Got
nit verantworten, das sy uns solten lassen durch falsche leere und abgotterey an seel
und leib verderbet werden. Hart: Ey, das gestehn dir die pfaffen nicht, auch Kai. Ma.
nicht, das der pfaffen leer falsch und ir thün abgotterey seye. Sinnp: Unsere oberen
erkennends aber. Hart: Sy sollen aber hierüber nicht richten. Sinnp: Was sy im hailigen
wort Gottes sehen, das müssen sy | [Y 2b] | auch Gott zü ehren bekennen und darnach
handlen. Da müssen sy Gott mehr dann den menschen gehorsamen841.
Hart: Ey, das vil leüt, ja yederman angeht, wie die Religion ist, darin sollen beson-
dere leüt und gleich auch besondere oberen nit enderung fürnemen. 842Sinnp: Ja, für
andere. Dennocht müß ain yeder für sich Got gehorchen und wenngleich die gantze
welt in verachtete. Frid: Wol geantwortet. Wenn Kai. Maje. allen Stenden in gemain
gebutte, etwas zu thün, wirdt der ye billich der gehorsame843 vor anderen gelobet, der
vor anderen Kai. Maje. gehaiß thüt,' ob gleich sollich gehaiß yederman angeht. 844Und
wenn wir drey ain gemain mal hetten bestellet auß gemainem kosten, wurde wol nicht
gebüren, das ich oder du das wolten allain gar niessen oder sunst dem Hartmüten
seinen thail nemen. Wenn er aber nicht wolte bey rechter zeytten zü disem mal kom-
men oder wolte sein gar nicht, solten ich und du darumb fasten schlafen gohn? Die
gesunde leere Christi und die hailigen Sacramenten seind ja wol ain gemain mal, dazü
der Herr alle Christen, ja alle menschen berüffet. Das aber nun andere nit wollen, solten
837. Ob es genüg sej, da^ ivir die gesunde leer baben, ungeachtet, ivas^ die Pfaffen darneben treiben.
[Marg.].
838. Begnügen.
839. Veranlaßten (»schüfen«).
840. Vgl. oben S. 167, Anm. 768.
841. Vgl. Apg 5,29.
842. A.inyeder müsse für sich selbs Got gehorchen. [Marg.].
843. Genitiv von Gehorsame (fem.); wegen des Gehorsams.
844. Schone gleychnuß. [Marg.].