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Einleitung
1. Bucers Katechismen innerhalb der Straßburger katechetischen Tradition

Die Praxis der kirchlichen Unterweisung zählt zu den Erscheinungen im kirchlichen
Leben, an denen die Reformatoren besonderen Anstoß nahmen, wie z. B. Melanch-
thons bekanntes Urteil, »Apud adversarios nulla prorsus est katechesis puerorum, de
qua quidem praecipiunt canones«1, bezeugt. Von daher überrascht es nicht, daß mit der
Einführung der Reformation in der Regel eine Neuordnung oder Neubelebung im
Katechismusunterricht einherging. Allerdings gilt für dieses Gebiet ebenso wie für
manches andere, daß bereits in den Jahren vor wie noch während der Reformation vor
allem bei vom Humanismus bestimmten Kirchenreformern beachtliche Reformbemü-
hungen in Gang gekommen waren2. So steht auch Bucers erster Katechismus von 1534
deshalb bereits in einer etwa zehnjährigen Tradition katechetischer Erneuerung in
Straßburg, wenn man davon absieht, daß es gerade auch in dieser Stadt in vorreforma-
torischer Zeit bereits Ansätze der Reform des kirchlichen Unterrichts gegeben hat3 .
Bereits der Straßburger Druck der Kinderfragen der Böhmischen Brüder von 15234,
eine Sonderausgabe der Bergpredigt von Eustasius Kannel, das »Euangelisch gesatz«
(1524)5, und schließlich die zwischen 1524 und 1526 in Straßburg erschienene Schrift,
»Die Zehen gepot. Exodi XX.«6, deuten zumindest ein starkes katechetisches Interesse
in dieser Stadt während der Anfangszeit der Reformation an, auch wenn sich der
Gebrauch dieser Schriften zur kirchlichen Unterweisung der Jugend im einzelnen
nicht nachweisen läßt.
Der entscheidende Schritt zu einer Regelung des Katechismusunterrichts wurde

1. Apologie der CA 15, BS 305, Z. 1ff. R. Padberg: Erasmus als Katechet. Der literarische
Beitrag des Erasmus von Rotterdam zur katholischen Katechese des 16. Jahrhunderts. Eine
Untersuchung zur Geschichte der Katechese. Untersuchungen zur Theologie der Seelsorge 9.
Freiburg i. Br. 1956, spricht zusammenfassend vom »Verfall des Katechumenates bis zum Ende
des Mittelalters« (S. 43), der ein »katechetisches Vakuum« (S. 24ff.) habe entstehen lassen. Vgl.
dazu die einschränkenden Hinweise J. N. Bakhuizen van den Brinks, ASD 5—1, S. 192ff.; zur
katechetischen Situation der Vorreformationszeit vgl. auch die Angaben Bakhuizen van den
Brinks, S. 193, und bereits RE 10, S. 135ff.
2. Vgl. vor allem das katechetische Werk des Erasmus beginnend 1512/14 mit dem Christiani
Hominis Institutum von John Colet/Erasmus (vgl. hierzu R. Padberg, S. 44ff.; ASD 5 — 1,
S. 181ff.).
3. Hier sei nur auf das Manuale Curatorum predicandi prebens modum tam latino quam
vulgari, passim quoque Gallico sermone practice illuminatum des Johann Ulrich Surgant (Basel
1502), das 1516 in Straßburg nachgedruckt wurde, sowie auf Geiler von Kaisersbergs Paterno-
ster (1515) als Beispiele verwiesen. Vgl. dazu A. Ernst/J. Adam: Katechetische Geschichte des
Elsasses bis zur Revolution. Straßburg 1897. S. 8ff.
4. Vgl. Ernst/Adam, S. 18, Anm. 1; F. Cohrs: Die evangelischen Katechismusversuche vor
Luthers Enchiridion. 5 Bde. In: Monumenta Germaniae Paedagogica 20—23. 39. Berlin
1900—1907 (Neudruck Nieuwkoop 1970). Bd. 2, S. 9ff.
5. Cohrs I, S. 87ff.
6. Vgl. Ernst/Adam, S. 18ff.; Cohrs I, S. 117ff. (dort auch der Abdruck nach den »Mitthei-
lungen aus dem Antiquariate von Calvary u. Comp.«).
 
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